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Aus: Ausgabe vom 24.09.2019, Seite 11 / Feuilleton
Literatur

Günter Kunert gestorben

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Tiefer Pessimismus: Günter Kunert

Der Dichter Günter Kunert ist tot. Nach Angaben seiner Witwe Erika Hinckel starb er am Samstag abend im Alter von 90 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Der Berliner war einer der prominentesten Lyriker der DDR, verließ das Land aber 1979 und wohnte von da an in Kaisborstel bei Itzehoe in Schleswig-Holstein. Am 6. März 1929 als Sohn einer jüdischen Mutter und eines »dissidenten« Vaters geboren, konnte er während des Faschismus keine höhere Schule besuchen und war ständig von der Deportation bedroht. Nach der Befreiung begann er in Berlin ein Zeichenstudium, das er jedoch zugunsten seiner Schriftstellerkarriere abbrach, die er mit satirischen Arbeiten, etwa für Günther Weisenborns Ulenspiegel begann. Er beteiligte sich am Aufbau des Sozialismus und trat 1948 in die SED ein, Johannes R. Becher und Bertolt Brecht wurden seine Förderer. Viele der besten Arbeiten Kunerts stammen aus diesen frühen Jahren. Ungeheuer produktiv, beschränkte er sich nicht auf seine Paradedisziplin, schrieb u. a. Erzählungen, Essays, Filmdrehbücher, Hörspiele und Reisebeschreibungen. Bald wurde er auch im Westen publiziert, wo ihm der Ruf des SED-Kritikers half. Seine Probleme mit der Kulturpolitik wusste Kunert dabei subtiler zu formulieren als sein Kumpan Wolf Biermann, zählte allerdings zu den Erstunterzeichnern der Petition gegen dessen Ausbürgerung 1976, weswegen ihm im Jahr darauf die Parteimitgliedschaft entzogen wurde. Dass er sich auch nach dem Anschluss der DDR nicht eben fair über sie äußerte, war da wenig überraschend. Seine späteren Arbeiten sind von einem tiefen anthropologischen Pessimismus geprägt, was seiner Schaffenskraft keinen Abbruch tat, allerdings der Qualität. Zuletzt publizierte er einen in den 70er Jahren geschrieben Roman, gestern erschienen letzte Gedichte. Im Frühjahr soll ein Erzählungsband unter dem Arbeitstitel »Vom Friedhof nichts Neues« folgen. (jW)

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