Historiker üben Kritik an AfD-Abgeordnetem
Berlin. Mehrere Historiker fordern den Rücktritt des AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Protschka, der für ein revisionistisches Denkmal für Weltkriegssoldaten und Freikorpskämpfer in Polen gespendet hat. Der am 17. November enthüllte Gedenkstein stelle eine »unerträgliche und skandalöse Verherrlichung« nazistischer Verbände dar und sei ein »nicht hinnehmbarer Affront gegenüber Polen«, heißt es in einem am Montag versandten offenen Brief, über den zunächst der in Berlin erscheinende Tagesspiegel berichtet hatte.
Initiiert wurde der Rücktrittsappell von Professor Michael Wildt von der Humboldt-Universität Berlin und dem Leiter der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner. Wagner hatte bereits in der vergangenen Woche Strafanzeige im niedersächsischen Celle wegen des Verdachts der Volksverhetzung erstattet. Inzwischen ermittelt der Staatsschutz wegen des Denkmals.
Protschka sagte laut dpa-Meldung vom Montag: »Für das, was auf dem Denkmal steht, kann ich nichts.« Mit ihm sei ein anderer Text abgesprochen gewesen. Die Rücktrittsforderung sei lachhaft. Darüber hinaus habe er sich bereits schriftlich beim polnischen Botschafter für den Vorfall entschuldigt und angeboten, die Kosten für den Abbau zu übernehmen. Der Stein sei ohnehin schon verschwunden, sagte der Chef des niederbayerischen AfD-Verbandes.
Mit der Inschrift auf dem Stein, ausschließlich in Deutsch, wird nicht nur gefallener deutscher Soldaten beider Weltkriege gedacht, sondern auch der »Selbstschutz- und Freikorpskämpfer«. Im offenen Brief der Historiker heißt es: »In Oberschlesien unterstand der Selbstschutz SS-Oberführer Fritz Katzmann, einem der schlimmsten NS-Massenmörder während des Zweiten Weltkrieges.« Bereits ab 1921 seien »Rechtsextreme« dort brutal gegen polnische Bürger vorgegangen, so die Historiker. Opfer der Soldaten und Freikorps sind auf dem Stein nicht erwähnt.
Das Denkmal, um das sich die Kontroverse dreht, wurde am sogenannten Volkstrauertrag im polnischen Bytom (früher Beuthen) enthüllt. Als Geldgeber werden neben Protschka unter anderem die »Junge Alternative Berlin« und die vom Verfassungsschutz als »rechtsextrem« beobachtete »Akademische Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf« genannt. Zumindest am Tag der Enthüllung scheint Protschka noch anders über die Inschrift gedacht zu haben: »Mir ist es eine Ehre, diesen Gedenkstein in Oberschlesien mit ermöglicht zu haben. Mögen wir nie vergessen«, schrieb Protschka in einem Eintrag in »sozialen Netzwerken«, der mittlerweile gelöscht wurde. (dpa/jW)
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