Hintergrund: Die NATO, Profiteur der Spannung
2014 hatte sich die NATO verkalkuliert. Mit der Förderung der Westwendung der Ukraine hatte sie die Übernahme der Krim durch Russland förmlich provoziert – und damit auch eine erhebliche Stärkung von Moskaus militärischer Position im Schwarzen Meer. Denn von der Krim aus, die inzwischen zu einer »formidablen Festung« ausgebaut wurde, kann dieses Seegebiet beherrscht werden.
Inzwischen ist die NATO dabei, den 2014 eingetretenen strategischen Nachteil wettzumachen und die russische Dominanz wenigstens in der Westhälfte des Schwarzen Meeres zurückzudrängen. Sie hat ihre sogenannten Sea-Breeze-Manöver intensiviert, auch wenn sie dabei immer noch Einschränkungen durch das Meerengenabkommen von Montreux aus dem Jahr 1936 unterliegt. Denn das reglementiert die Passage von Kriegsschiffen von Nichtanrainerstaaten durch Dardanellen und Bosporus. Und die USA sind nun einmal keiner.
Allerdings kann die NATO neben der Türkei auf zwei weitere Schwarzmeeranrainer zurückgreifen: Rumänien und Bulgarien. Während sich Rumänien schon länger um die Bedrohung Russlands durch die Einrichtung einer Basis der US-»Raketenabwehr« in Deveselu verdient macht, zieht Bulgarien jetzt nach: Auf Bitten der Regierung in Sofia soll ein »Marinekommandozentrum Schwarzes Meer« im Lande entstehen. Russland hat bereits reagiert und Bulgarien gedroht, es werde damit im Kriegsfall zum »automatischen Ziel«.
Die Ukraine soll derweil US-amerikanische Antischiffsraketen bekommen. 100 Millionen der 400 Millionen Dollar geplanter »Militärhilfe« sind ausdrücklich für »Lethal equipment«, tödliche Ausrüstung, reserviert. An der Mündung des Südlichen Bugs bauen die USA der Ukraine einen neuen Marinestützpunkt zur gemeinsamen Nutzung mit der US Navy.
Und der Kiewer Regierung ist das alles noch nicht genug. Dmytro Kuleba, ihr Chefunterhändler in Sachen Annäherung an NATO und EU, sagte unlängst auf einer Tagung des »German Marshall Fund« in Washington, die NATO werde ihre Ziele im Schwarzen Meer kaum erreichen können, ohne die Ukraine und Georgien noch enger anzubinden. Kuleba reagierte damit auf ein zentrales Hindernis für eine Mitgliedschaft beider Länder im westlichen Militärbündnis: ihre ungelösten Grenzkonflikte. Das bindet freilich nur die NATO. Die USA sind juristisch frei, diesen Vorbehalt zu ignorieren. (rl)
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