Hintergrund: Rassistische Hetze mit Folgen
Erst der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im letzten Sommer, im Herbst die Anschläge auf eine vollbesetzte Synagoge und einen Dönerimbiss in Halle, die zwei Todesopfer forderten, nun die rassistischen Attentate auf Shisha-Bars in Hanau, zehn Menschen wurden insgesamt ermordet. In der Nacht zum 14. Februar hatten Unbekannte einen Sprengstoffangriff auf eine Bar in Essen verübt. Kurz nach den Schüssen in Hanau gab es weitere Attacken auf Treffpunkte von Migranten in Stuttgart und Döbeln.
Die AfD und ihre Netzwerke haben Shisha-Bars seit langem im Hetzprogramm. In etlichen Bundesländern – darunter Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg – stellten die AfD-Fraktionen seit 2018 immer wieder Anträge zu angeblichen Gesundheitsgefahren durch Kohlenmonoxid in Shisha-Bars, meist verpackt mit rassistischen Vorurteilen. In Hessen stilisierte die AfD im Dezember 2019 die Bars in einer Anfrage an die Landesregierung zudem zu besonderen Orten der Kriminalität. Nach dem Mordanschlag in Hanau legte der hessische AfD-Abgeordnete Rainer Rahn nach: Shisha-Bars würden »vielen missfallen«. Wenn jemand davon gestört werde, könne dies zu einer solchen Tat beitragen, ätzte er.
Die AfD und ihre Anhänger in rechten Blogs beschwören seit Jahren eine angebliche »Überfremdung« und »bürgerkriegsähnliche Zustände«, bauschen Einzeltaten von Migranten und Geflüchteten auf und verbreiten Falschmeldungen. Menschen nichtdeutscher Herkunft sehen sich zunehmend bedroht. Doch gezieltes Vorgehen gegen die rechte Gefahr ist weiter nicht in Sicht. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte zwar an, die Polizeipräsenz »auch vor Moscheen« zu erhöhen, warnte aber vor allem vor »Reaktionen aus der islamischen Szene«. Laut »Tagesschau« am Samstag stellen sich hessische Behörden nach Hanau vielmehr auf »gewaltsame Gegenaktionen der linksextremistischen Szene« ein. Die Bundesregierung reagierte auf den Terror bereits letzte Woche mit einem Entwurf für ein »Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität«. Der Linke-Abgeordnete Niema Movassat hält den Weg für falsch. Die reine Strafverschärfung löse gesellschaftliche Probleme nicht in Luft auf, erklärte er zu dem am 19. Februar vorgelegten Papier. Bestehende Gesetze müssten vielmehr »tatsächlich angewandt werden«. Nötig seien dafür Schulungen für Ermittler, Schwerpunktstaatsanwaltschaften und ein Ausbau der Kapazitäten im Bereich der IT-Forensik, so Movassat. (sb)
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