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Aus: Ausgabe vom 20.04.2021, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Altersvorsorge

Rentenalter: Malochen bis zum Umfallen

Neu ist das nicht. Die sogenannten Wirtschaftsweisen und Wirtschaftsinstitute machen Stimmung, fordern, das gesetzliche Renteneintrittsalter zu erhöhen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält davon wenig, wie er am vergangenen Freitag mitteilte.

In ihrem Frühjahrsgutachten haben die Wirtschaftsinstitute ihre Prognose für das Wachstum der deutschen Wirtschaft 2021 deutlich nach unten korrigiert. Sie rechnen nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 3,7 Prozent. Angesichts der Coronakrise raten sie zu einem höheren Rentenalter.

Anja Piel aus dem DGB-Bundesvorstand lehnt eine Erhöhung des Rentenalters ab: »Ewig die gleiche Leier der sogenannten Wirtschaftsweisen: Der Staat ächzt unter seiner Schuldenlast; Schuld daran ist die zu teure Rente und der einzige Ausweg die Erhöhung des Rentenalters.« Das ignoriere vollkommen die Lebensrealität und die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt. Die Agentur für Arbeit weise statistisch rund fünf Millionen Menschen als unterbeschäftigt aus; »das heißt, sie haben entweder gar keine Arbeit oder wollen mehr Stunden arbeiten«, so die Gewerkschafterin. Und weiter: »Jede und jeder dieser fünf Millionen Menschen ist von Armut und unzureichenden Renten bedroht.« Höhere Altersgrenzen lösten deren Probleme mit Sicherheit nicht.

Piel stört ein weiterer Punkt. Die gutdotierten Professoren suggerieren den Jüngeren, dass die Anhebung des Rentenalters gut für sie sei, die Rente »billiger« und die Belastung für den Staat geringer wäre. »Die Wahrheit ist«, so Piel, »junge Menschen sollen länger arbeiten, länger einzahlen und bekommen dafür aber weniger Rente raus.« Von solchen Vorschlägen profitierten ausschließlich Unternehmer. »Die Ökonomen haben eine seltsame Vorstellung von gerechter Verteilung des Wohlstands«, sagte die DGB-Vertreterin.

Fakt ist: In einer älter werdenden Gesellschaft wird der Anteil am BIP für die Altersversorgung steigen müssen. Die Gesellschaft wird dauerhaft mehr Geld für die Rente aufwenden müssen. Die zen­trale Frage, wirft Piel ein, lautet: Wer wird dafür zur Kasse gebeten? »Die Anhebung des Rentenalters auf 69, die die Lasten alleine auf die Arbeitnehmer abwälzt, ist da gewiss die falsche Antwort!« (jW)

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