Biologe und Marxist
Der US-Evolutionsbiologe und Marxist Richard Lewontin ist tot. Er verstarb nur drei Tage nach dem Tod seiner Frau Mary Jane am 4. Juli in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts.
Lewontin wirkte bis zuletzt an der Harvard-Universität, die nicht eben für ihre marxistische Ausrichtung bekannt ist. Ein politischer Exot gewissermaßen, aber allemal etabliert als Evolutionsbiologe: Sein Einsatz der Gel-Elektrophorese hatte ihn berühmt gemacht. Mit ihr lassen sich, knapp gesagt, Evolutionsvorgänge im Genom überhaupt erst erkennen. Lewontin nutzte das Verfahren bereits in den 60ern – bis heute ein Standard der molekulären Systematik.
Geboren wurde Lewontin als Sohn einer jüdischen Migrantenfamilie am 29. März 1929 in New York City. Seine wissenschaftliche Karriere als Professor begann er 1964 in Chicago, in Harvard war er ab 1973. Ermutigung soll ihm wichtiger gewesen sein als Anweisungen, sein Labor soll er wie eine kommunistische Kommune geleitet haben. Führende Evolutionsbiologen gingen hier ein und aus, es wurde diskutiert, gestritten.
Heiß diskutiert wurde Lewontins Buch »Not in Our Genes« (1984), das er zusammen mit Steven Rose und Leon Kamin verfasst hatte. Er bestreitet darin (einmal mehr) den biologischen Determinismus, der bis heute so typisch ist für soziobiologisches Denken, und mehr noch: Er macht sich darin stark für eine sozialistische Gesellschaft.
1970 wurde Lewontin Mitglied der berühmten Nationalen Akademie der USA. Er blieb es nicht lange: Aus Protest gegen die geheime Forschung der Einrichtung für den Vietnamkrieg stieg er dort 1973 wieder aus. Für engagierte Kontroversen war Lewontin zeitlebens gern zu haben. (jW)
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