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Aus: Ausgabe vom 05.07.2022, Seite 11 / Feuilleton
Kunstgeschichte

Restauriertes Grauen

Nach mehrjähriger Restaurierung erstrahlt der Isenheimer Altar, eines der bedeutendsten Werke in der Geschichte der Sakralkunst, im Unterlinden-Museum in Colmar in neuem Glanz. In den vergangenen vier Jahren wurde das Werk, das zwischen 1512 und 1516 entstand, mit modernen Techniken gereinigt, analysiert und studiert. Bei der Restaurierung, die nun abgeschlossen ist, kamen Details zum Vorschein, die bisher verborgen waren. Dazu zählt die im 18. Jahrhundert übermalte originale Farbgestaltung der Skulpturen sowie Nuancierungen in der Malschicht der Tafelbilder. Das Grauen der Kreuzigungsszene etwa wird nun nicht mehr von einer pechschwarzen Nacht umhüllt, sondern von einem nachtblauen Himmel mit grauen und schwarzen Wolken.

Für Pantxika De Paepe, die Direktorin des Museums, lässt dies eine neue Interpretation zu. Das sei wie ein Hoffnungsschimmer in dunkelster Nacht, sagte sie. Eine Auslegung, die zur Geschichte des Altars passt. Denn vor den Altar des einstigen Klosters wurden in der Hoffnung auf Heilung vor allem Menschen gebracht, die am »Antoniusfeuer« litten – einer Mutterkornvergiftung, die zum Absterben von Gewebe führen kann. Sie zählte zu einer der gefürchtetsten Epidemien des Mittelalters. Der Altar besteht aus elf Bildteilen und einem Mittelschrein voller Skulpturen. Die Bildtafeln sind von Matthias Grünewald, die Holzskulpturen von Niklaus von Hagenau. (dpa/jW)

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