Aus: Ausgabe vom 19.08.2023, Seite 2 / Inland
Ärzte warnen vor »Praxenkollaps«
Berlin. Etwa 800 niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten haben am Freitag in Berlin vor einem »Praxenkollaps« gewarnt und stärkere politische Unterstützung für den ambulanten Bereich in der Medizin gefordert. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte Mediziner aus ganz Deutschland zu der »Krisensitzung« eingeladen. KBV-Chef Andreas Gassen erklärte, die ambulante Versorgung sei auch im Vergleich zu den Krankenhäusern drastisch unterfinanziert, die »Patientenversorgung im Land akut bedroht«. Es drohe ein allmähliches Sterben der bundesweit derzeit noch etwa 100.000 Praxen. (dpa/jW)
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Leserbrief von Roland Winkler aus Aue (22. August 2023 um 14:52 Uhr)Ein Kollaps der ambulanten ärztlichen Versorgung muss von niemandem mehr herbeigeredet oder davor gewarnt werden. Patienten, alle, die in die Verlegenheit kommen, eine ärztliche Beratung oder Behandlung in Anspruch nehmen zu müssen, erfahren nicht erst seit heute, wie abenteuerlich, zeitraubend, wegeintensiv es mehrheitlich bereits zugeht, ehe der Ort und die Stelle erreicht ist, die Hilfe verspricht. Unterfinanzierung im Vergleich zu Krankenhäusern wird beklagt. Wer im Gesundheitsprofitbetrieb klagt eigentlich nicht über Unterfinanzierung? Wer heute in die Lage kommt, einen Hausarzt finden zu müssen, erlebt nicht selten, wie Patient, Kunde alles andere als König ist. Zum eigentlichen gesundheitlichen Problem kommt die Erfahrung nur lästig und ein Problem für das Gesundheitspersonal zu sein. Fachärzte, Krankenhäuser bieten kaum andere Versorgungserlebnisse. Warum muss die Patientenversorgung so akut bedroht sein? Ist es eine Naturnotwendigkeit? Es ist nichts anderes als die geschaffenen Notwendigkeit, mit Gesundheit steigende Profite zu machen. Da muss Patient auf der Strecke bleiben, denn er ist nicht mehr nur Kunde, sondern auch Kostenfaktor. Kostenfaktor nur in dem Sinne, dass er immer noch zu sehr Profitbremse ist, also auf seine Kosten gespart werden muss. Das ist das System, worüber Ärzte eigentlich reden und protestieren müssten, um ihren humanen Beruf mit Lust und Freude ausüben zu können.
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Leserbrief von C. Hoffmann (22. August 2023 um 15:37 Uhr)Na ja, die Klinikärzte tun das ja schon seit Jahren, also protestieren v.a. wegen der Arbeitsbedingungen. Inzwischen kommt die Welle, dass Ärzte in recht großer Zahl aus dem Berufsleben ausscheiden (Auch in dem Beruf tummeln sich gerade in den ambulanten Praxen viele »Boomer«.), praktisch im gesamten System an. Dazu kommen noch andere Faktoren, wie: Junge (Fach)Ärzte wollen keine Einzelpraxis mehr, andere Versorgungsformen sind längst nicht etabliert (oder machen das Problem noch größer. Stichwort: Investoren) oder auch - hier sind wir beim Geld - die Honorarregelungen führen dazu, dass das Quartalsende in vielen Fächern nicht mehr kostendeckend ist (und Ärzte dann auch mal 14 Tage schließen.) Wer einen Termin braucht, schaut in die sprichwörtliche Röhre (In meinem Hier: Ersttermin beim Lungenarzt ohne Hilfe des Hausarztes nicht unter drei Monaten). Aber die Polikliniken waren ja des Teufels und mussten weg. Es ist ganz viel selbstgemachtes, systemimmanentes Elend dabei, dass es heute so aussieht, wie es aussieht. Der heutige Gesundheitsminister war daran politisch schon vor 20 Jahren nicht unbeteiligt und tut nun nur überrascht.
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