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»Marxistische Schreckgespenster herbeizitiert«

München: junge Welt, Unsere Zeit und SDAJ wurden von Zamanand Festival ausgeschlossen. Ein Gespräch mit Manfred Reuther
Interview: Gitta Düperthal

Mehrere Friedensinitiativen haben einen Protestbrief gegen den Ausschluss von drei Infoständen beim Zamanand-Festival in München formuliert. Warum wurden der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) mit der Wochenzeitung Unsere Zeit (UZ) und der Leserinitiative von junge Welt Stände zum Festival an diesem Wochenende untersagt?

Die Gründe sind bekannt, warum in Bayern oder im Rest der Republik linke Initiativen verboten werden: Marxistische Schreckgespenster werden herbeizitiert; fehlendes Verhältnis zur Gewaltfreiheit unterstellt. Die junge Welt schlägt sich schon lange damit herum, genau wie die DKP und ihre Jugendorganisation SDAJ, die beim Festival die UZ anbieten wollte. Das junge Organisationsteam des Festivals hat offenbar von all dem keine Ahnung. Es war froh über die vielen Teilnehmenden und stimmte zunächst der Anmeldung aller zu, die ich als Koordinator der Friedensgruppen gemeldet hatte. Bis plötzlich aus dem Off eine Stimme kam, die ihnen offenbar sagte, bestimmte Anmelder seien abzulehnen.

Wer war der »Einflüsterer«?

Man erkennt sie an den Formulierungen, etwa im Fall von junge Welt: Es handele sich um das auflagenstärkste linksextremistische Medium in Deutschland, dieses sei Beobachtungsobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutz, habe eine verfassungsfeindliche Ausrichtung. Bei der SDAJ wird »fehlendes Bekenntnis zur Gewaltfreiheit« bemängelt. Diese vermeintlichen »Informationen« gab offenbar die zuständige Stelle der bayerischen Landeshauptstadt an den Veranstalter weiter. Das Festival ist gesponsert von der Stadt, der bayerischen Staatskanzlei, vom Bund und der EU. Ich gehe davon aus, dass die Sponsoren offenbar keine Teilnehmenden haben wollen, die ihr Weltbild hinterfragen und stören könnten. Wir als Friedensinitiativen kritisieren das als »Zensur gegen die Meinungs- und Pressefreiheit«; forderten im Brief an die Veranstalter, die Entscheidung zurückzunehmen. Aber die sind nur Mittler und nicht diejenigen, die überzeugt sind, den Sozialismus fürchten zu müssen.

Diffamierend ist der Vorwurf auch im Fall der SDAJ. Wie war die Reaktion?

Die Jugendorganisation ist natürlich empört, da es ja nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür gibt, sie mit Gewalttätigkeiten in Verbindung zu bringen. Diese Unterstellung ist eine Unverschämtheit, völlig willkürlich, entbehrt jeder Grundlage.

Motto des Festivals ist »Nachhaltigkeit, Vielfalt und Toleranz«. Weiß Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) der als Schirmherr auf der Festivalwebseite schrieb, wie wichtig »die Stärkung des gemeinsamen Miteinanders« sei, von der Ausgrenzung?

Ja, man betont immer, wie weltoffen und tolerant man doch sei. Aber wenn jemand glaubt, er könne die gottgewollte bayerische Ordnung stören, wird man hellhörig. Man will keine Gruppen, die die Welt aus den Angeln heben. Was ja die junge Welt freilich jeden Tag tut, wenn ich das mal ironisch anmerken darf.

Wie wird es beim Festival zugehen?

Wir verbleibenden sieben Friedensinitiativen werden uns im Bereich »Engagement« befinden; neben uns die Reservistenkameradschaft München-Ost, vermutlich als Korrektiv oder als Bestrafung für unsere Dreistigkeit, uns anzumelden. Wir werden eine Installation mit Transparenten anbringen, die zeigen, dass wir gegen den Krieg sind. Des weiteren werden wir Poster von SDAJ und junge Welt ausstellen, etwa das mit der Aufschrift »Sie lügen wie gedruckt«. Wir stellen einen leeren Tresen mit der Aufschrift »Zensiert« auf, wo wir diesen Vorfall bekanntgeben. Wenn wir ihn wegräumen müssen, wird das für die Öffentlichkeit dokumentiert. junge Welt wird ausgelegt und verteilt werden. Sollten Verteiler rausgeschmissen werden, werden sie sich am Zugang zum Festival plazieren.

Ihr Fazit?

Es gibt einen langen Arm des Staatsschutzes, der uns vor sozialistischen Umtrieben bewahrt und das Denken abnimmt. Mutmaßlich trifft es ausgerechnet diese Organisationen, weil sie Teil einer Bewegung sind, die keine Ordnung befürworten, wie Siemens, Mercedes-Benz Group und MTU sie wollen, und sich herausnehmen, in diesen Kriegszeiten nicht patriotisch hinter der Regierung zu stehen.

Manfred Reuther ist Koordinator der Arbeitsgruppen »Frieden jetzt« beim Zamanand Festival in München