Paolo Taviani tot
Der italienische Filmemacher Paolo Taviani ist tot. Der vielfach ausgezeichnete Regisseur starb am Donnerstag im Alter von 92 Jahren in einem Krankenhaus in Rom, wie seine Familie mitteilte. Zusammen mit seinem bereits 2018 gestorbenen älteren Bruder Vittorio gehörte er in den vergangenen Jahrzehnten zu den wichtigsten Figuren des italienischen Kinos.
Ihren ersten gemeinsamen Kinofilm drehten die beiden 1967: »I sovversivi« (»Die Subversiven«). Ihren internationalen Durchbruch hatten die Brüder 1977 mit »Padre Padrone« (»Mein Vater, mein Herr«). Der Film bekam damals in Cannes die Goldene Palme. 2012 erhielten die Tavianis für »Cäsar muss sterben« – ein Dokudrama über eine Gefängnisaufführung von Shakespeares »Julius Cäsar« – auf der Berlinale den Goldenen Bären. Mit seinem letzten Film »Leonora addio« kehrte Paolo Taviani 2022, nach dem Tod des Bruders, dann noch einmal allein nach Berlin zurück.
Vittorio, der 88 Jahre alt wurde, überlebte er schließlich um annähernd sechs Jahre. Dieser hatte über ihr Verhältnis einst gesagt: »Wir haben unterschiedliche Charaktere, aber die gleiche Natur. Unsere Entscheidungen im Leben und in der Kunst sind die gleichen.« Daraus wurde eine lebenslange Zusammenarbeit.
Paolo wurde 1931 in San Miniato unweit von Pisa geboren, zwei Jahre nach seinem Bruder. Mit Mitte 20 drehte er über seinen Geburtsort 1954 seinen ersten Dokumentarfilm, der den Tod von 60 Menschen im Dom der Stadt durch deutschen Granatenbeschuss zehn Jahre zuvor zeigte. Die politisch damals stark marxistisch geprägten Brüder griffen das Thema Jahrzehnte später noch einmal in ihrem Spielfilm »Die Nacht von San Lorenzo« (1982) auf. In Cannes wurde es mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet.
Weil sie zunächst für ihre stark ideologisch geprägten Regiekonzepte keinen Produzenten fanden, machten die Tavianis ihre ersten Filme für den Fernsehsender RAI. Paolo stellte aber klar: »Wir haben nicht daran gedacht, einen Film fürs Fernsehen zu machen. Was wir machen wollten, war unser Film.« Für solche Filme steht etwa »Mein Vater, mein Herr«, mit dem die Brüder 1977 in Cannes gewannen.
Nach dem Tod seines Bruders inszenierte Paolo allein »Leonora addio«, inspiriert von einer Novelle des Literaturnobelpreisträgers Luigi Pirandello. Damit war er auch nochmals bei der Berlinale im Wettbewerb. Zuletzt arbeitete er an dem Film »Il canto delle meduse« (»Der Gesang der Medusen«). Das Projekt sollte vier Geschichten erzählen, die mit dem Verlauf der Coronapandemie 2020 verbunden sind. (dpa/jW)
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