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Aus: Ausgabe vom 29.05.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Antikommunismus

Der Nebel und die Tatsachen

Dokumentiert: Margot Honecker über die »letzten Aufzeichnungen« ihres Mannes
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Ende Dezember 2011 übergab mir Margot Honecker die »Letzten Aufzeichnungen«. Sie hatte fast zwanzig Jahre damit gezögert – weil durch Honeckers handschriftliche Verfügung »Für Margot« der Text auch etwas Privates hatte. Nachfolgend ein Auszug aus ihrem Vorwort. (fs)

Mein Mann begann mit diesen Aufzeichnungen mit dem Tag seiner Einlieferung ins Gefängnis Moabit 1992, wo er auch seinen 80. Geburtstag beging. Er schrieb auf Anraten seines Verteidigers Friedrich Wolff eine Art Tagebuch, das auch Aufschluss geben sollte für den Prozess. Er hatte keine Schreibmaschine, er schrieb mit der Hand. Mit dem Fortschreiten seiner Krankheit schwanden seine Kräfte, wurde seine Schrift immer schwerer lesbar. (…)

Nachdem das kapitalistische Deutschland sich das sozialistische Deutschland unterworfen hatte, demonstrierte der kapitalistische Staat, wie er mit Menschen umzugehen gedenkt, die eine andere als diese Gesellschaft wollen. Warum sonst fanden Ermittlungsverfahren und Prozesse statt gegen Grenzsoldaten, Juristen, Angehörige des MfS, Sportler und andere Personen, die der DDR dienten? Gegen mehr als 100.000 Bürger der DDR wurden Beschuldigungen erhoben, rund 85.000 juristische Verfahren wurden eingeleitet, von denen die meisten im Sande verliefen, die aber die betroffenen Familien oft ins Unglück stürzten. (…)

Günter Gaus schrieb im Januar 1993, als der krebskranke Honecker wegen Verhandlungsunfähigkeit nach 169 Tagen aus der Haft entlassen werden musste: »Der Prozess setzte erstens voraus, dass Honecker die Mauer allein und aus Böswilligkeit gebaut hatte und also anzuklagen sei. Das ist geschichtslos. Wahr ist, an der Elbe existierte 1961 tatsächlich die gefährlichste Militärgrenze der Welt. Dass Honecker das auch gesagt hat, macht ja noch nicht, dass es falsch ist. Und es ist auch wahr, der Kalte Krieg wurde 1961 von beiden Seiten heftig geführt und hatte eine Zuspitzung erreicht, dass die westlichen Alliierten – wie an ihrem Verhalten abzulesen – ganz froh waren über den Bau der Mauer.« (…)

Ein ungetrübter Blick auf Vergangenheit und Gegenwart wird verhindert durch den Nebel, den die herrschende Politik über den tatsächlichen Verlauf der Geschichte verbreitet. Tatsachen lassen sich aber nicht auf Dauer leugnen.

Tatsache bleibt: So lange das sozialistische Deutschland existierte, gab es keinen rabiaten Sozialabbau. So lange das andere Deutschland existierte, war das kapitalistische Deutschland gehindert, seine Söhne wieder in Kriege zu schicken.

Heute gibt es wieder ein kapitalistisches Großdeutschland, das seinen Nachbarn und der Welt erneut Unbehagen einflößt in seinem Streben nach Vorherrschaft. Unbehagen nicht zuletzt auch deshalb, weil schon wieder Nazis ihr Unwesen treiben können. Die Wurzeln des Faschismus wurden in der alten BRD nie ausgerottet. Und sie werden mit der blindwütigen Diskreditierung des Sozialismus, dem törichten unheilvollen Antikommunismus, wiederbelebt.

Erich Honecker: Letzte Aufzeichnungen. Für Margot. Edition Ost, Berlin 2012, antiquarisch oder als E-Book erhältlich

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