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Aus: Ausgabe vom 29.05.2024, Seite 5 / Inland
»Schließungsreport 2023«

»Toxischer Cocktail« für die Wirtschaft

»Schließungsreport 2023« nennt Ursachen für wachsende Zahl an Geschäftsaufgaben
Von Gudrun Giese
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Im verarbeitenden Gewerbe waren die Geschäftsaufgaben zuletzt im Jahr 2004 so hoch wie aktuell

Die BRD-Wirtschaft schrumpft und mit ihr auch die Zahl der Unternehmen. Darüber berichteten am Dienstag das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und die Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Demnach wurden im vergangenen Jahr bundesweit 176.000 Unternehmen geschlossen. Gegenüber 2022 bedeutete das einen Anstieg um 2,3 Prozent über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg, hieß es in einer Mitteilung von Creditreform. Demnach gaben im verarbeitenden Gewerbe zuletzt 2004 so viele Betriebe auf. Wenige Schließungen finden aber so öffentlichkeitswirksam statt wie das kurz vor dem Abschluss stehende Insolvenzverfahren der Warenhauskette Galeria Karstadt-Kaufhof.

Nur elf Prozent der Unternehmensschließungen seien 2023 Folge einer Insolvenz gewesen. Die große Mehrzahl der Geschäfts- oder Firmenaufgaben findet demnach eher still statt. Dabei trifft es derzeit nahezu alle Branchen, besonders aber die Industrie. Im verarbeitenden Gewerbe machten 2023 rund 11.000 Unternehmen dicht, was einem Anstieg von 8,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr und einem Höchststand seit 2004 entsprach. »Die Schließungen in der Industrie aber treffen den Kern unserer Volkswirtschaft«, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform.

Besonders alarmierend sei, dass es innerhalb des verarbeitenden Gewerbes vor allem die forschungsintensiven Branchen und Unternehmen treffe, stellte Sandra Gottschalk vom ZEW fest. Hier betrug der Anstieg 12,3 Prozent, während in forschungsfernen Branchen wie der Möbelherstellung oder Produktion von Spielwaren und Sportgeräten sinkende Schließungszahlen registriert wurden. In Bereichen wie der Chemie- und Pharmaindustrie, dem Maschinenbau und in technologieintensiven Dienstleistungen schieden dagegen überdurchschnittlich viele Unternehmen aus, so Gottschalk. Der Effekt verstärke sich noch durch die zugleich stagnierende Zahl an Gründungen in den forschungsintensiven Sektoren.

Während die öffentliche Diskussion von Unruhen und Krisen bei einigen großen, bekannten Unternehmen bestimmt werde, finde das Gros der Entwicklung kaum Aufmerksamkeit, befand Patrik-Ludwig Hantzsch. »Das leise Sterben vieler kleinerer Betriebe und hochspezialisierter Unternehmungen ist aber mindestens genauso folgenschwer.« Als Hauptursachen für die Schließungswelle nannte er hohe Energie- und Investitionskosten, unterbrochene Lieferketten, Personalmangel sowie politische Unsicherheit. Das alles zusammen sei »für die Wirtschaft ein toxischer Cocktail«.

Daneben hält der Trend von Geschäftsaufgaben in Handel, Gastronomie und weiteren konsumnahen Dienstleistungen an, wenn die auch 2023 gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgingen. Insgesamt schlossen im vergangenen Jahr laut der Auswertung rund 37.000 Handelsunternehmen und etwas mehr als 51.000 Unternehmen aus den konsumnahen Dienstleistungen, etwa Friseursalons. Verglichen mit 2018 sei das ein deutlicher Anstieg, gegenüber 2022 ein Rückgang von 0,8 Prozent im Handel und 0,5 Prozent bei den konsumnahen Dienstleistungen.

»Verwaiste Ladenlokale und leere Schaufenster treffen die Menschen in ihrer Umgebung wirtschaftlich und auch emotional«, so Hantzsch. Die Schließungen in Industrie und Baugewerbe hätten volkswirtschaftlich allerdings stärkere Folgen. Im Bausektor stiegen die Unternehmensschließungen 2023 um 2,4 Prozent im Vorjahresvergleich auf etwa 20.000. Die Auswertung zu den Firmenaufgaben 2023 basiert auf der Unternehmensdatenbank von Creditreform, die als umfangreichste Datenbasis zur Zahl aller bundesdeutschen Betriebe gilt.

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