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Aus: Ausgabe vom 29.05.2024, Seite 8 / Ansichten

Invasorin des Tages: Spanische Wegschnecke

Von Felix Bartels
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Schnecke Nimmersatt

Vielleicht ist Gartenbau das einzige Genre, in dem Engländer und Franzosen tatsächlich von den Deutschen lernen können. Während der englische Garten die Natur nachahmt und der französische die Naturwissenschaft, stellt der Schrebergärtner aus dem Umland Berlins das Gleichgewicht von Schönheit und Nutzen her. Der übergriffige Blauregen klettert die Wand hinauf, die Sonnenblume neigt ihre Nase zum Licht, Phlox hält sich vornehm zurück, während Giersch genau so sympathisch ist, wie er sich anhört. Auf der gesetzlich vorgeschriebenen Nutzfläche reifen Erdbeeren, Gurken und Wirsing, ein Stockwerk tiefer Laura und Belana, Tomaten und Salat teilen sich das Gewächshaus. Doch mit dem Salat will es heuer nichts werden.

Arion vulgaris überrollt Deutschland. Lässt nichts stehen vom Grün. Spanische Wegschnecke nennt man das Tier hierzulande. »Es ist schlimm dieses Jahr«, bestätigt die Zoologische Staatssammlung München, und das Senckenberg-Zentrum für Biodiversität erklärt, der milde Winter und das zweite stark feuchte Jahr in Folge hätten die Population hochgetrieben. Den Gärtner schert vor allem, dass die Kriecher ihm die Ernte versauen. Nur mein Vater doziert, während er wie ein Storch durch den Salat stakt und Dutzende Exemplare aus den Blättern fischt: »Es ist ja schon die Frage, wer hier in wessen Lebensraum eindringt.« Soll heißen: Eigentlich sind wir Menschen die Invasoren. Die Schnecken dann aber auch machen lassen, so weit geht seine antikolonial behauchte Selbstkritik nicht.

Der Spanischen Wegschnecke kann gleich bleiben, dass man sie als Rache für Karl den Käfer betrachtet. Solange sie frisst, geht es ihr gut, und da sie ihresteils von der Indischen Laufente, dem Schnegel und jW-Redakteur Andreas Hahn abgesehen kaum Fressfeinde hat, wird sie munter fortleben, bis der Winter die Sache regelt.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (28. Mai 2024 um 20:24 Uhr)
    Da hat Papa mal wieder recht: »Die Spanische Wegschnecke: nicht Einwanderer, sondern Ureinwohner.« (https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/sonstige-arten/weichtiere/16884.html). Dort weiter: »Wir haben einen genetischen Stammbaum erstellt und ihn in Beziehung zur geografischen Verbreitung gesetzt. Die Ergebnisse zeigten, warum wir Arion lusitanicus in Spanien nicht finden konnten: Diese Art ist definitiv nicht dort heimisch, sondern bei uns«. Man beachte: Arion vulgaris, Syn.: Arion lusitanicus! Beim Einsammeln sollte man sehr darauf achten, nicht den Schnegel zu erwischen! Bei schlechter Beleuchtung kann man die Tigerschnecke (den Schnegel) und die Wegschnecke verwechseln. Der Schnegel frisst die Eigelege (die halten bis -10 °C aus!) der spanischen Wegschnecke. Es müsste halt mehr Schnegel geben... Man sieht einmal mehr: Es sind viele Mythen (oder sind es fake news?) im Umlauf und keiner merkt's: »Vielleicht hat sich die Schneckenart in den vergangenen Jahrzehnten einfach aufgrund veränderter landwirtschaftlicher Anbaumethoden so stark vermehrt, dass es uns wie eine Invasion erscheint«. Wie bereitet jW-Redakteur Andreas Hahn die Schnecke zu? Maxi Wunder könnte das Rezept aufbereiten und der jW-GeniesserInnengemeinde zur Verfügung stellen. Der Tipp mit dem Winter zur Verminderung der Arion-Population dürfte beim derzeitigen globalen Temperaturanstieg eher ferne Zukunftsmusik sein.

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