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Aus: Ausgabe vom 31.05.2024, Seite 11 / Feuilleton
Punk

Das Meer teilen

Die Lambrini Girls in Berlin
Von Norman Philippen
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Machen erfreulich viel Wind um sich: Die Lambrini Girls aus Brighton

Dass der Konzertraum des Berliner Urban Spree zum Ende des Gigs der Lambrini Girls am Mittwoch abend noch so voll sein würde wie zu Beginn, war keineswegs ausgemacht. Hatte sich das Hamburger Molotow erst zwei Tage zuvor doch zur Hälfte geleert, nachdem Sängerin und Gitarristin Phoebe Lunny die Ansage gemacht hatte, alle, die sich mit der Band nicht auf ein »Free Palestine!« einigen könnten, sollten sich schnellstens verpissen. In Berlin verpisste sich niemand. Was vielleicht auch an der entschärften Version der Ansage lag. Man habe verstanden, dass hierzulande wegen »German guilt« und so die Situation eine andere sei als in anderen Ländern. Leute, die anderer Meinung seien, seien also willkommen, sofern sie etwas lernen (»getting educated«) wollten, ohne aggressiv zu werden. Das passte schon etwas besser zum Anspruch der Band, ein »Safe Space« für alle sein zu wollen.

Dafür, dass das erste Album der Lambrinis noch aussteht, hat das Trio aus Brighton bereits viel Wind gemacht. Auch am Mittwoch. More Rock hätte es aber geben können, wenn less talk gewesen wäre – wie das geht, hatten die zwei Sisters Peppi und Mela der Berliner Vorband Cava erfreulich gezeigt. Da die Lambrini Girls über ihre Songtexte hinaus viel zu sagen haben, hielt sich das Verhältnis von Musik und Agitation in etwa die Waage. So wurde durchaus ein »Safe Space« geschaffen für die zahlreich anwesende LGBTQIA+-Community in der Crowd, die kräftig animiert wurde, Präsenz zu zeigen. Rief Lunny »Hey, you got a nice ass!«, antworteten die Leute: »Fuck you!« Die weiteren Mitmachmätzchen machten auch fast alle mit. Eine gute Show inklusive ­Crowdsurfing.

Die mir allerdings besser gefallen hätte, wären die Animationsparts etwas flüssiger integriert worden. In der Hocke sitzen und ein- und ausatmen fühlt sich auch dann unbotmäßig unrockig an, wenn beim Ausatmen geschrien wird. Will Frontfrau zum Surfen auf die Hände der Crowd steigen, könnte das auch in unter zwei Minuten klappen. Und wer beim Performen hardcoremäßig in die Menge will, sollte zuvor nicht immer wie Moses das moshende Meer teilen, sondern einfach rein da. Findet jedenfalls die hier schreibende olle Cis-Hete, die vielleicht einfach nicht mehr Bescheid weiß, wie der nicht heteronormative Konzerthase heute zu hüpfen hat.

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