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Aus: Ausgabe vom 01.06.2024, Seite 1 / Titel
Keine Rendite mit der Miete

Berlin vs. Monstermieten

Großdemo in Hauptstadt: Bündnis fordert bundesweiten Mietendeckel, Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen und Verbot von Zwangsräumungen
Von Oliver Rast
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Das wird ein Kraftakt sondergleichen: Die radikale Wende in der Wohnungspolitik

Groß soll sie werden, kraftvoll und kämpferisch, die Mietendemo an diesem Sonnabend in der Hauptstadt. Mobilisiert hat das »Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn«. Mehr als 150 Initiativen und Hausgemeinschaften, der Berliner Mieterverein und Verdi Berlin unterstützen den Aufruf, Motto: »Gegen Mietenwahnsinn, Verdrängung und Wohnungsnot. Die Miete ist zu hoch!« Sie fordern dreierlei: Mietendeckel einführen, Immobilienkonzerne vergesellschaften, Zwangsräumungen verhindern.

Wohnraum fehlt an jeder Ecke der Stadt, bezahlbarer sowieso, wurde Bündnissprecherin Sandra Koch am Freitag in einer Mitteilung zitiert. Hinzu kommen mickrige Einkommen, steigende Inflation, hohe Betriebskosten. Auch Erwerbstätige müssen knapsen, oftmals geht mehr als ein Drittel des Gehalts für die Miete drauf. So können sich viele die Ware Wohnraum kaum noch leisten. Schlimmstenfalls droht der Rausschmiss. »Deshalb muss Schluss sein mit den Profiten der Immohaie auf unsere Kosten«, so Koch.

Ein Beispiel ist der Hafenplatz unweit des Potsdamer Platzes an der Grenze zwischen Kreuzberg und Tiergarten. Ein Privatinvestor will dort eine Mietskaserne mit rund 400 günstigen Wohnungen plattmachen. In Kooperation mit der landeseigenen Gewobag, wohlgemerkt. Geplant ist ein schickes Wohn- und Gewerbequartier namens »Kulturhafen«. Gentrifizierung pur, im Schatten der Kathedralen des Kapitals. Um den drohenden Abriss samt Vertreibung der Bewohner zu skandalisieren, wird die Demo dort einen Zwischenstopp einlegen.

Einen weiteren wird es vor der SPD-Bundeszentrale geben. Die Ampelkoalitionäre versagen mieten-, sozial- und wohnungspolitisch. Ein »Baugipfel« nach dem anderen geht über die Bühne. Folgenlos. Konferieren können sie gut, handeln nicht. Demoabschluss ist am Platz der Luftbrücke. Dort will der schwarz-rote Senat das Tempelhofer Feld zubetonieren, das innerstädtische Naherholungsgebiet auf dem früheren Flughafengelände.

Was fehlt, ist der politische Wille, das Problem Wohnungsnot endlich anzupacken, kritisieren die Demoaufrufer. Abgeordnete und Investoren lassen sich lieber von Immolobby und Baumafia hofieren. Am »Tag der Immobilienwirtschaft« beispielsweise, der zehn Tage nach der Mietendemo ansteht. Gleichfalls in Berlin. Das sieht Caren Lay, mietenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, ähnlich. Gegenüber jW sagte sie am Freitag: »Die Regierung Scholz muss Mieterinnen und Mieter endlich vor dem Mietenwahnsinn schützen.« Wie? Ein Mietenstopp müsse her. Nicht irgendwann. Jetzt.

Gegenstimmen gibt es auch. Etwa von Jan-Marco Luczak (CDU). Steigende Mieten eigneten sich nicht »für Populismus«, meinte der wohn- und baupolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion am Freitag zu jW. Der »planwirtschaftliche Ruf« nach Enteignung und Mietendeckel sei kontraproduktiv, bedeute »den Todesstoß für den Wohnungsbau«. Unfug, entgegnen Mieteraktivisten unisono.

Nur, was tun? Sich organisieren. Bande und Bündnisse knüpfen. Eng, enger. Dafür brauche es einen langen Atem, sagte Mio Decker von der Mieter:innengewerkschaft Berlin (MGB) am Freitag im jW-Gespräch. Der Druck auf Mieter werde ohne kollektive Gegenwehr nicht abnehmen. Das Ziel: »Die Häuser müssen denen gehören, die drin wohnen – nämlich uns Mieterinnen und Mietern.« Darum kann die Demo gar nicht groß, kraftvoll und kämpferisch genug sein.

Mietendemo

Berlin, Sonnabend, 1. Juni, ab 14 Uhr

Auftakt: Potsdamer Platz

Abschluss: Platz der Luftbrücke

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