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Aus: Ausgabe vom 01.06.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Guter alter Kolonialismus

Zu jW vom 24.5.: »Macron will ›Ordnung‹ in Neukaledonien«

Diesem ausgezeichneten Bericht und den Kommentar auf Seite acht betreffend, was los ist in Neukaledonien, sollte man um weitere gewichtige Elemente ergänzen. Erstens ist es eindeutig nicht so, dass Macron – der weiß Gott in Paris genügend Probleme hat – mit seinen engsten Verbündeten die weite Reise dorthin unternommen hat, um ein paar tausend dorthin emigrierten weißen Caldoches zu mehr Demokratie zu verhelfen. Es geht vielmehr darum, dem seit je auf der Insel lebenden Volk der Kanaken die seit langem erheischte Unabhängigkeit zu verunmöglichen.

Warum? Es geht – nebst den erwähnten geopolitischen Interessen (Stützpunkt im Pazifik) – auch um gewichtige wirtschaftliche Interessen: Um die umfangreichen lateritischen Nickelerzvorkommen der Insel, die 8,4 Prozent aller derartigen Nickelreserven der Welt ausmachen.

Und zudem sei auch an die ursprüngliche Rolle dieser Insel für das französische Kolonial- und Justizsystem erinnert. Von 1863 bis 1931 (!) diente sie den Machthabern in Paris dazu, unzählige unliebsame Bürger (von mittellosen Vagabunden bis zu politischen Rebellen) möglichst weit weg in Strafkolonien in Guyana und Neukaledonien zu verbannen, wo sie (…) unter tropischen Verhältnissen die Insel für Frankreich »urbar« machen, respektive sich zu Tode schuften mussten.

Die zur Zwangsarbeit verdammten und deportierten »forcats« wurden zuerst zum Aufbau einer kolonialen Infrastruktur eingesetzt (Hafenmole, Straßenbau, Behausungen für Offiziere, Wasserversorgung, Kirche usw.) und ab 1890 immer mehr in Minen zum Abbau von Nickelerz. Sie trugen mit dem Rohstoffabbau unter Sklavenbedingungen unfreiwillig zur Entwicklung des Kapitalismus bei. Denn im Gegensatz zum Gesetz vom Mai 1854, gemäß dem vorgesehen war, dass die Zwangsarbeit den »öffentlichen Interessen« zu dienen habe, befinden sich die Minenkonzessionen zu einem großen Teil seit je im Besitz von privaten Firmen (Higgins, Cardoso, SLN). Das ist bis heute so. Ein Teil der Produktion ist in den Händen von Elon Musks Tesla-Unternehmen, ein anderer der in der Schweiz ansässigen Glencore. Kurz: Das ist nicht Neokolonialismus, sondern alter Kolonialismus im 21. Jahrhundert!

René Lechleiter, Zürich

Im Orkus

Zu jW vom 13.5.: »Extreme Zustände«

Warum sollte die Kultur vom allgemeinen Niedergang der Zivilisation im sogenannten Abendland verschont bleiben? Diplomatie ist ein Fremdwort und sich solcher Bezeichnung schmückender »Politiker« völlig fremd, die Wirtschaft, die der Zusammenarbeit und der internationalen Kooperation bedarf, lebt und stirbt mit Sanktionen, die Muttersprachen werden von selbstsüchtigen Yuppis ver-»denglischt« oder ver-»gendert«. Warum sollte da nicht auch die abendländische Kultur im Orkus landen? Der Schriftsteller Harry Thürk hat in seinem Buch »Der Gaukler« 1978 einem US-Professor folgende prophetische Worte in den Mund gelegt: »Pass auf, in dreißig Jahren erklärt die herrschende Kaste es für Kultur, wenn ein paar Schlampen nackt im Schaufenster von Macy’s auf Kochtöpfen sitzen und alle fünfzehn Minuten ›Shit‹ sagen und nach 30 Minuten riecht’s dann auch so.«

Wieland König, Neustadt in Holstein

»Zwei Pole einer Einheit«

Zu jW vom 22.5.: »Falsche Freunde«

Der Antrag des IStGH-Chefanklägers ist zwar kein Erfolg für die palästinensische Bevölkerung, aber eine Niederlage für Netanjahu und seine US- und EU-Unterstützer. Dass die Ankläger auch die Hamas-Führung auf die Anklagebank gerufen haben, ist dabei nur zu begrüßen. Die Hamas kämpft zwar kompromisslos gegen die israelische Macht, ist aber auch gleichzeitig ein Faktor der Unterdrückung der Palästinenser. Vergessen wir nicht, dass Hamas und Netanjahu zwei Pole einer Einheit bilden. Dennoch wird kein Gericht dieser Sorte den entscheidenden Stoß in diesen Krieg liefern. Dieser Antrag liefert jedoch den Beweis, dass monatelange Proteste weltweit eine Wirkung gehabt haben und dass die USA die Kontrolle zunehmend verlieren. Letzten Endes müssen sich die israelischen Arbeiter selbst von ihren inneren Feinden befreien, so wie auch die Palästinenser irgendwann es tun werden. Dieser Antrag könnte der israelischen antizionistischen Opposition Mut geben. (…)

Angelo Valleriani, Berlin

»Kreative Konfliktlösungen«

Zu jW vom 24.5.: »Dialog statt Knüppel«

Wie wäre es einmal mit Demos für den Frieden statt nur für eine Konfliktpartei? Echte Solidarität mit »Palästinenser*innen« kann sich wohl nicht im Schwingen von Nationalfahnen zeigen, weil der Nationalismus auf beiden (!) Seiten das (!) Problem ist. Ich empfinde diese Demos nur noch befremdlich. Ich würde gerne auch Friedensfahnen sehen oder andere Zeichen der Suche nach einer gemeinsamen (!) Lösung, mit der alle Menschen guten Willens leben können. Das Konzept der »gewaltfreien Kommunikation« nach Marshall Rosenberg wäre auch einmal ein guter Ansatz – oder die trilateralen Dialoggruppen von Dan Bar-On. Kreative Konfliktlösungen mögen bitte wieder gesucht werden; nicht das Herunterleiern von eingefahrenen Konfliktritualen!

Martin Mair, Söchau

Herausforderungen

Zu jW vom 23.5.: »75 Jahre Entfesselungskunst«

Georg Fülberth in der jungen Welt zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes beweist wieder einmal die Fähigkeit, mit der gebotenen Höhe und Entfernung des Historikers auf die deutsche Nation zu blicken. Für alle Welt ist sichtbar, dass sich Deutschland trotz seiner bisherigen Geschichte doch und gerade in unseren Tagen wieder als »kriegstüchtige Führungsmacht« entfesselt. Diese Herausforderung zu erkennen und zu parieren, ist die zentrale deutsche politische Aufgabe nach dem 8. Mai 1945. Nicht nur das Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit wird beweisen müssen, dass es dieser Aufgabe gewachsen ist!

Bernd Jacoby, Wiesbaden

Es geht auf Neukaledonien auch um die umfangreichen lateritischen Nickelerzvorkommen der Insel, die 8,4 Prozent aller derartigen Nickelreserven der Welt ausmachen.

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