Mehr Arbeit ist keine Option
Von David MaiwaldSie habe nicht viel erwartet, »aber das ist schon erschreckend«, reagierte Doreen Siebernik, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft GEW, am Freitag auf das Ergebnis einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Diese hatte erfragen wollen, ob in Kindertagesstätten, kurz Kitas, durch freiwillige Aufstockung von Arbeitszeit »mehr Fachkräftepotential (…) zu gewinnen wäre«. Es zeigte sich das Gegenteil: Beschäftigte wünschen sich dort wegen der hohen Arbeitsbelastung vielmehr weiter reduzierte Arbeitszeit; genau genommen mehr als die Hälfte der in Vollzeit arbeitenden Erzieherinnen und Erzieher.
Von den 1.215 Befragten aus vier Bundesländern wollten 45 Prozent ihre oftmals bereits reduzierte Arbeitszeit weiter eingrenzen, heißt es in der bereits vergangene Woche veröffentlichten Studie. Freiwillig die Arbeitszeit erhöhen würden demnach lediglich sieben Prozent. So wollen 250 der befragten 439 Vollzeitbeschäftigten weniger Stunden arbeiten, von 56 Prozent der Teilzeitbeschäftigten wünschten sich lediglich 1,8 Prozent einen Vollzeitvertrag. Für 48 Prozent entspreche die vertragliche Arbeitszeit »exakt den Wünschen«: Potential zur Arbeitskraftgewinnung durch Aufstockung von Teilzeitbeschäftigung sei »bei einer Beibehaltung der gegenwärtigen Arbeitsbedingungen marginal«, so der Schluss.
Die Rahmenbedingungen hätten sich trotz des Rechtsanspruches auf Betreuung und »erfolgreicher Ausbaubestrebungen (…) in den vergangenen Jahrzehnten nicht geändert«, hält der Bericht fest. In Kitas bedeutet das insbesondere Personalmangel und daraus folgende Überlastung und Krankheit sowie wiederum dadurch nicht einhaltbare Öffnungszeiten und Betreuungsschlüssel. Von den befragten Kitabeschäftigten ohne Leitungsaufgaben arbeiten aktuell rund 77 Prozent zwischen 21 und 32 Wochenstunden.
Noch immer sind Fachkräfte in Kitas in der BRD überwiegend weiblich (rund 92 Prozent). Viele von ihnen mit Kindern im Grundschulalter reduzierten aufgrund fehlender Betreuungsmöglichkeiten, »ein doppeltes Dilemma«, so DGB-Vorständin Siebernik. Angesichts der Studienergebnisse sei »die Politik in der Pflicht, die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen zu verbessern«. Die Ampelregierung müsse »die dringend benötigten Mittel für das Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz« im Haushaltsentwurf 2024 bereitstellen und »zwingend« in frühkindliche Bildung investieren.
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