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Aus: Ausgabe vom 04.06.2024, Seite 5 / Inland
Armut und Klimawandel

Solaranlagen für alle

Armutsbekämpfung und Klimaschutz: Verbände fordern »sozial-ökologisches« Existenzminimum
Von Wolfgang Pomrehn
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Ungeschützt: Ohne Obdach der Hitzewelle ausgesetzt (Berlin, 31.7.2022)

Das vergangene Wochenende mit den schweren Überschwemmungen entlang vieler süddeutscher Flüsse sollte auch dem letzten gezeigt haben, wie nötig wir Klimaschutz brauchen, sagte Maria Loheide, die bei der Diakonie für Sozialpolitik verantwortlich ist, am Montag vor der Presse in Berlin. Ihrem Verband ist es ein besonderes Anliegen, dass soziale Sicherheit und Armutsbekämpfung nicht immer gegen Klimaschutz ausgespielt werden. Die Unwetter forderten Menschenleben und brächten viele in Notlagen. Im besonderen Maße betroffen seien jene, die nicht ausreichend Mittel haben, sich zu schützen.

Darauf verwies auch Jürgen Schneider von der Nationalen Armutskonferenz. Wenn die Hitzewellen zunehmen und intensiver werden, seien Obdachlose besonders gefährdet. Sie hätten nicht immer genug Geld, um sich ausreichend Getränke zu kaufen. Außerdem werde alles zubetoniert und es fehle an Unterständen, die vor der Sonne schützen könnten. Gleichzeitig sei es für ärmere Menschen oft schwierig, Energie zu sparen und so zum Klimaschutz beizutragen. »Wie soll jemand, der kein Geld hat, sich effiziente Elektrogeräte anschaffen?«, fragte Schneider.

Diakonie, Armutskonferenz und Klima-Allianz hatten zu einer Fachtagung unter dem Motto »Klimaschutz ist Armutsbekämpfung – Armutsbekämpfung ist Klimaschutz« an die Spree geladen und informierten vorab über einen gemeinsamen Forderungskatalog. Hintergrund der Veranstaltung waren die derzeit laufenden Haushaltsberatungen in der Bundesregierung, von denen die Beteiligten erhebliche Einschnitte sowohl bei den Ausgaben für Soziales als auch beim Klimaschutz befürchten.

Sozialer Klimaschutz würde natürlich ein wenig kosten, aber: »Damit Klimaschutz und soziale Sicherheit in den aktuellen Haushaltsverhandlungen nicht unter die Räder kommen, dürfen Bundesregierung und demokratische Opposition nicht länger stur an der Schuldenbremse festhalten«, forderte Stefanie Langkamp von der Klima-Allianz. Langkamp verwies außerdem darauf, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Bundesregierung jüngst bescheinigt hat, unzureichende Klimaschutzprogramme zu betreiben.

Ähnlich äußerte sich am Montag auch der von der Regierung berufene Expertenrat, der die Berliner Klimapolitik einmal im Jahr begutachtet. Langkamp forderte daher, dass weitere Maßnahmen angestoßen, »zusätzliche Gelder für Klimaschutzinvestitionen« bereitgestellt werden und die Schuldenbremse »weitreichend« reformiert wird. Zudem brauche es ein »im Grundgesetz verankertes Sondervermögen für Klimaschutz, Transformation und soziale Daseinsvorsorge«.

»Menschen mit Armutserfahrung und geringem Einkommen kämpfen besonders mit steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen sowie hohen Mieten. Hier sind die Kosten sogar stärker gestiegen als die Inflationsrate«, heißt es in der Einleitung des gemeinsamen Papiers. Auch sonst betonten die Bündnispartner immer wieder, dass das Soziale und der Klimaschutz nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften. Gefordert wird unter anderem, den Preis des 49-Euro-Tickets auf 29 Euro im Monat zu senken. Dazu gehöre aber auch ein Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs, wie Jürgen Schneider betonte. Auf dem Land führen viel zu wenig Busse, weshalb sich mancher ein Auto kaufen müsse. Daran ändere auch ein 29-Euro-Ticket zunächst nichts.

Außerdem wollen die Verbände, dass für Menschen mit geringem Einkommen Förderprogramme für die Anschaffung von effizienten Elektrogeräten und Balkonsolaranlagen angeboten werden. Nötig seien des weiteren Hitze- und Kälteschutz für alle und Konzepte für den Schutz von Wohnungslosen und gefährdeten Gruppen. Ein »sozial-ökologisches Existenzminimum« müsse definiert und die Berechnung der Regelsätze an ökologische Kriterien angepasst werden. Spitzenverdiener tragen mehr zum Klimawandel bei als andere, betonte Stefanie Langkamp. Auch deshalb fordert das Bündnis zur Finanzierung der Maßnahmen nicht nur ein Ende der Sparpolitik, sondern auch eine höhere Besteuerung von Vermögen, hohen Einkommen und Erbschaften.

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