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Aus: Ausgabe vom 04.06.2024, Seite 7 / Ausland
Kurdistankonflikt

Petition für Öcalan

Antifolterkomitee soll Haftbedingungen des PKK-Gründers in der Türkei prüfen
Von Tim Krüger
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Stets im Visier der Staatsgewalt: Tausende Demonstranten fordern Freilassung Öcalans (Köln, 17.2.2024)

Seit mehr als 25 Jahren sitzt der Revolutionär und Gründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Abdullah Öcalan unter schwierigsten Bedingungen in türkischer Haft. Am Montag haben daher 95 Personen des öffentlichen Lebens und der Politik in Deutschland einen offenen Brief an das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) gesandt und fordern es zum Handeln auf. Der Institution obliegt die Untersuchung der Haftbedingungen in den Gefängnissen der Mitgliedstaaten des Europarates, darunter der Türkei. Die Unterzeichner bewerten die »menschenrechtswidrigen und unmenschlichen« Haftbedingungen, unter denen Öcalan gefangengehalten wird, als »Isolationsfolter« . Um »den Geist der Versöhnung wiederzubeleben, der für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage in der Türkei notwendig ist«, müsse das CPT sich dafür einsetzen, dass die grundlegenden Rechte des Gefangenen garantiert werden.

Öcalan war am 15. Februar 1999 aus der griechischen Botschaft in Kenia entführt und in die Türkei verschleppt worden. Er gilt als Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung und befindet sich, seit die 1999 gegen ihn verhängte Todesstrafe im Jahr 2002 in lebenslängliche Haft umgewandelt wurde, in einer immer wieder nur kurz unterbrochenen Isolationshaft auf der Gefängnisinsel İmralı im Marmarameer. Ein großer Teil der kurdischen Bevölkerung betrachtet Öcalan als politischen Repräsentanten, und auch in der Haft trat er immer wieder als Verhandlungsführer der kurdischen Seite in Friedensgesprächen zwischen der PKK und der türkischen Regierung in Erscheinung.

Noch während des Friedensprozesses 2013 bis 2015 ermöglichte die türkische Regierung Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP) regelmäßige Besuche auf der Gefängnisinsel, um in den indirekten Verhandlungen zwischen der Führung der PKK in den Bergregionen des Nordiraks und der türkischen Regierung als Vermittler zu wirken. Doch 2015 beendete die Regierung Recep Tayyip Erdoğan die Verhandlungen mit Öcalan abrupt und kündigte den Waffenstillstand mit der Guerilla der PKK einseitig auf. Seitdem befindet sich Öcalan in nahezu vollständiger Isolation. Schon seit 2011 verwehrte die türkische Regierung seinen Anwälten einen regelmäßigen und geordneten Zugang zu ihrem Mandanten. Nach einem kurzen und aus unbekannten Gründen unterbrochenen Telefonat mit seinem Bruder Mehmed Öcalan am 25. März 2021 hatte der 75jährige keinen Kontakt mehr zur Außenwelt.

»Es ist ein oberstes demokratisches Gebot, diesen Zustand der Isolation zu beenden und Abdullah Öcalan endlich den Platz in der politischen Auseinandersetzung um die Rechte des kurdischen Volkes einzuräumen, den dieser bedeutende Politiker verdient«, meint der renommierte Hamburger Völkerrechtler Norman Paech gegenüber jW. Er habe den Brief unterzeichnet, »weil Isolationshaft, gleichgültig gegen wen, gegen die Menschenwürde und das europäische Verständnis von Menschenrechten verstößt«. Auch der Jurist und Bürgerrechtsaktivist Rolf Gössner erklärte, man wolle mit »der Unterzeichnung des Appells mit Nachdruck daran erinnern, dass es zu den Pflichten des CPT gehört, Inhaftierte in Mitgliedsländern des Europarates vor Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe zu schützen« – und dazu zählten ganz besonders Isolationshaftbedingungen wie im Fall Öcalan.

Die Petition schließt an die im Oktober begonnene Kampagne »Freiheit für Öcalan – eine politische Lösung für die kurdische Frage« an. Zuletzt hatten sich in Spanien mehr als 60 linke und sozialistische Organisationen und Einzelpersonen an das CPT gewandt, und auch eine Initiative von unterschiedlichen Akteuren der italienischen Linken forderte die Institution auf, sich für eine Klärung der Haftbedingungen Öcalans einzusetzen. CPT-Sprecher Jaime Rodriguez hatte jedoch im April exklusiv gegenüber Alphanews erklärt, man habe im Sommer 2022 mit dem Gefangenen sprechen können. Die Veröffentlichung des Berichtes werde allerdings von der Türkei verhindert.

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