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Aus: Ausgabe vom 04.06.2024, Seite 11 / Feuilleton
Ballett

Ein Mädchen fiel hin

Triumph der Schönheit: Das Semperoper-Ballett zeigt drei US-amerikanische Klassiker
Von Gisela Sonnenburg
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Zarte Reigen entwickeln sich, auch Stolperfallen: »Rodeo: Four Dance Episodes«

Die USA machen nicht immer nur Ärger. Das Semperoper-Ballett in Dresden tanzt den Beweis. Im Programm »Classics by Balanchine/Peck/Tharp«, das am Sonntag Premiere hatte, kommen drei Stücke der US-amerikanischen Ballettgeschichte zusammen – für einen Triumph der Schönheit. Er beginnt mit weiblicher Anmut, die keck das Spiel aus Ordnung und Unordnung zelebriert. »Serenade« wurde 1934 vom späteren Tycoon des New Yorker Balletts, George Balanchine, als Übungsstück für Schüler kreiert. Bald war klar, dass es sich um einen genialen Coup handelte. Schon der Anfang entfacht Poesie: Eine Gruppe Frauen steht in diagonalen Linien vorm Publikum und hebt zur schwerblütigen, gleichnamigen Musik von Tschaikowski schräg seitlich den rechten Arm. Die Hand ist dabei aufgestellt – wie zum surrealen Gruß an Außerirdische.

Zarte Reigen entwickeln sich, auch Stolperfallen. Denn alles, was während der Proben an kleinen Unfällen geschah, wurde Choreographie. Ein Mädchen fiel hin, ein anderes kam zu spät – so auch hier. Wenn der erste Junge erscheint, ist das ein besonderer Moment. Später trippelt die weibliche Heerschar im langen, hellblauen Tüllrock mit sanftem Impuls, Kavaliere buhlen tänzerisch um ihre Gunst. Traumverloren. Ist dies das Paradies?

Nicht ganz, meint Justin Peck, der Choreograph von »Rodeo: Four Dance Episodes« (»Rodeo: Vier Tanzepisoden«). Das New York City Ballet tanzt das Stück seit 2015. Zur Musik von Aaron Copland und in Kostümen, die an Sporttrikots erinnern, tanzen 15 Jungs mit einem Mädchen. Dem Teamgeist verpflichtet, erwecken die Tänzer zunächst den Eindruck, Frauen seien eigentlich überflüssig. In kleinen Gruppen bauen sie blitzschnell menschliche Pyramiden auf und ab, bilden Paare und stehen stabil, bis die Ballerina Ayaha Tsunaki auftaucht. Für ihre Pirouetten und Attitüden, ihre Sexiness und Souveränität gibt es nur ein Wort: wow.

Es fehlt indes die Liebe. Die kommt im dritten Stück: Es stammt von Twyla Tharp, der Altmeisterin des flippigen Showdance, die 1979 mit dem Musical »Hair« berühmt wurde. Ihr Dresdner Stück heißt »In the Upper Room« (»Im oberen Raum«), stammt von 1986 und wird von Musik begleitet, die Philip Glass speziell für diesen Tanz komponierte. Menschen verhalten sich darin wie Clowns ohne Humor. Doch die Liebenden wechseln: Mal sind es Paare, mal andere Gruppen. Liebt jede jeden? Am Ende reißt ein Frauenpaar die Arme hoch wie zur Kapitulation: Liebe bleibt ein Rätsel.

Weitere Aufführungen: 7., 14., 21. Juni

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