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Aus: Ausgabe vom 05.06.2024, Seite 1 / Titel
Abschiebungen

»Döp döp döp dödödöp döp döp«

Im Abschiebewahn: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) macht Partyhit »Deutschland den Deutschen, Ausländer raus« zur Chefsache
Von Arnold Schölzel
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser will »so schnell wie möglich« Menschen nach Afghanistan oder Syrien abschieben

Am Sonntag beklagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf einer Gedenkfeier für den am 2. Juni 2019 ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU), Rechtsextremismus sei »mitunter salonfähig, ja partyfähig geworden«. Seinen Netzwerken, »die bis heute nicht vollständig aufgeklärt sind«, gelinge es »immer wieder und immer öfter, das gesellschaftliche Klima zu beeinflussen«. Am Dienstag griff das die Süddeutsche Zeitung auf und kommentierte: »Bei den ›Islamkritikern‹, die am Freitag in Mannheim ihre Kundgebung abhielten, dem Jugendverband der AfD, der am Sonntag an einem Stand seine ›Remigrations‹-Parolen verbreitete, und den Grölern von Sylt handelt es sich um Brüder im Geiste.« Die Zeitung hätte auch Bundeskanzler Olaf »Abschiebung im großen Stil« Scholz (SPD) einbeziehen können, Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), die in der neuen EU-Knastgesetzgebung für migrantische Kinder »Humanität und Ordnung« ausmachte, die als Nazidreckschleudern fungierenden »Social Media« der US-Internetkonzerne, aber auch erneut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Die Juristin stellte sich jedenfalls am Dienstag an die Spitze der kurz vor dem Wahltag 9. Juni von der AfD geführten »Ausländer raus«-Bewegung nach der Ermordung eines Polizisten durch einen aus Afghanistan stammenden Mann in Mannheim am Freitag. Am Sonnabend hatte die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel auf dem AfD-»Pfalztreffen« in Kirchheimbolanden unter Gejohle des Publikums aus einer mit künstlicher Intelligenz hergestellten angeblichen Erklärung des Innenministeriums zitiert. Inhalt: Ein im Internet kursierendes Video von der Messerattacke in Mannheim solle nicht weiter verbreitet werden, weil das der AfD nütze. Weidel in ihrer Rede: Dass »solche Leute« wie Faeser noch im Amt seien, sei eine »Schande« und »widerwärtig«. Auf X räumte sie danach am Sonnabend abend ein, einer Erfindung aufgesessen zu sein, beharrte aber: »Der Tenor bleibt dennoch richtig: Wer sich, wie Faeser, noch damit brüstet, ja schon immer vor solchen Tätern gewarnt zu haben, sie aber trotzdem unbehelligt gewähren lässt, der ist in diesem Amt fehl am Platz.«

Die SPD-Wahlkampfstrategen sahen in der AfD-Fehlleistung offenbar nicht sofort eine Chance. Am Sonntag abend verbreitete die Ministerin auf X noch die Phrase: »Der Täter muss mit maximaler Härte des Gesetzes für seine mörderische Tat bestraft werden.« Die Antwort war ein Shitstorm im Geiste Weidels auf der X-Plattform des rechten US-Milliardärs Elon Musk.

Am Dienstag aber überholte Faeser, die im September 2023 mit Hetze gegen Migranten eine »Schleierfahndung nach hessischen Wählerstimmen« (FAZ) im Landtagswahlkampf gestartet hatte, die AfD-Führerin. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul (CDU) in Berlin erklärte sie, »so schnell wie möglich« Straftäter und Gefährder nach Afghanistan oder Syrien abschieben zu wollen. Das ist aus rechtlichen Gründen gegenwärtig nicht möglich. Faeser erklärte nun, sie lasse das seit mehreren Monaten »sehr intensiv« prüfen: »Die Sicherheitsinter­essen Deutschlands überwiegen hier eindeutig gegenüber den Bleibeinteressen von Betroffenen.« Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, nahm ihr das allerdings nicht ab, schloss sich Weidel an und warf Faeser Untätigkeit vor. Der Abschiebeüberbietungswettbewerb dürfte über den Wahltag hinaus anhalten.

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