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Aus: Ausgabe vom 05.06.2024, Seite 1 / Ausland
Indien

Indiens Opposition stärker als erwartet

Parlamentswahl: Regierungspartei verliert laut ersten Auszählungen absolute Mehrheit
Von Mawuena Martens
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Kein Durchmarsch für Modi: In Mumbai wird am Dienstag die Auszählung der Ergebnisse verfolgt

Der Sieg der Hindu-Nationalisten von Regierungschef Narendra Modi wird wohl geringer ausfallen als zunächst erwartet. Das zeigten ersten Auszählungen der indischen Parlamentswahlen am Dienstag. Die Wahlen in dem bevölkerungsreichsten Land der Welt waren nach sechs Wochen am Sonnabend zu Ende gegangen. Wie Fernsehsender am Dienstag berichteten, könnte die Opposition von Rahul Ghandhi mit der INDIA-Allianz auf 200 der 543 Sitze im Unterhaus kommen. Das sind weit mehr als gedacht. Die Wahlallianz »Nationale Demokratische Allianz« unter Führung von Narendra Modis Partei Bharatiya Janata Party (BJP) kommt demnach nur auf rund 300 Sitze. Eine Mehrheit liegt bei 272 Sitzen. Ursprünglich war von einer Zweidrittelmehrheit für den Regierungschef ausgegangen worden. Sollten sich die ersten Ergebnisse bestätigen, wird Modi in seiner dritten Amtszeit wohl nicht mehr allein regieren können, sondern auf seine Koali­tionspartner angewiesen sein.

Der Regierungschef selbst zeigte sich auch am Dienstag siegessicher. Bereits am Sonnabend hatte er auf X geschrieben: »Ich kann mit Zuversicht sagen, dass die Menschen in Indien in Rekordzahl für die Wiederwahl der NDA-Regierung gestimmt haben.« Gleichzeitig trat er verbal gegen die stärkste Oppositionsallianz: Die »opportunistische« INDIA-Allianz habe bei den Wählern keinen Anklang gefunden. Sie sei für das Kastensystem und korrupt. Seine Politik hingegen habe das Leben der Armen und Marginalisierten merklich verbessert.

In der zehnjährigen Amtszeit ­Modis hat sich die Wirtschaft des Landes zwar verbessert, im letzten Quartal des Jahres 2023 wuchs sie um 8,4 Prozent. Die Ungleichheit in dem Land ist jedoch sehr hoch. Die Zahl der Superreichen wuchs wie in kaum einem anderen Land, während sich das Land auf dem Welthungerindex in den vergangenen Jahren verschlechtert hat. Modi hatte außerdem versucht, mit drei Landwirtschaftsgesetzen das System der staatlich gestützten Nahrungsmittelpreise abzuschaffen. Monatelang hatten Bauern für faire Preise und mehr staatliche Unterstützung protestiert.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (5. Juni 2024 um 15:05 Uhr)
    Die Wahldemokratie in Indien ist robuster, als viele denken: »Die demokratische Wahl-Übung ist wie schon so oft in der über 75-jährigen Geschichte des unabhängigen Indiens geglückt. Mögliche Wahlmanipulationen sind kein größeres Thema. Und das Ergebnis, das wohl weit entfernt von den Wünschen der Regierungspartei liegen wird, zeigt, dass indische Wähler und Wählerinnen sehr genau wissen, was sie nicht wollen, und auch Möglichkeiten haben, ihre Stimme nach eigenem Gutdünken immerhin abzugeben. Bei einer Wahlbeteiligung von deutlich über 60 Prozent, um die 600 Millionen Wähler (!) bleibt Indien einer weltweiten Hochburg der Wahldemokratie. Nach der Parlamentswahl in Indien sieht sich Indiens Premier Narendra Modi als Sieger, seine dritte Amtszeit gilt als sicher. Allerdings verlor seine hindu-nationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) viele Stimmen. Ohne die absolute Mehrheit im Unterhaus wird sie künftig auf Koalitionspartner angewiesen sein. Indiens stärkster Mann wurde von den Schwächsten abgestraft: In Indien sind es traditionell vor allem die Armen, die wählen. Für sie ist es oft buchstäblich der einzige Moment, in dem ihre Stimme etwas zählt. Vor allem bei ihnen und in ländlichen Gebieten hat die BJP Sitze verloren. In Uttar Pradesh etwa, Indiens bevölkerungsreichstem und damit politisch wichtigstem Bundesstaat, sieht es so aus, als müssten die Hindunationalisten fast die Hälfte der Sitze abgeben. Die Armut ist hier höher als in anderen Teilen des Landes, die Bildung niedriger, die Chancen rarer. Indiens Wähler mögen in vielen Fällen arm sein. Aber sie sind zu schlau, um sich veräppeln zu lassen. Die Ungleichheit, die das Land mehr durchzieht, ist hier für jeden, der ein Handy hat, und das sind die meisten, eindeutig immer mehr sichtbar wird.

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