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Aus: Ausgabe vom 05.06.2024, Seite 15 / Antifaschismus
USA vor den Präsidentschaftswahlen

Comeback der »Proud Boys«

USA: Rechte Anhänger des Expräsidenten Donald Trump formieren sich nach dessen Verurteilung neu, kündigen Gewaltdelikte an
Von Karim Natour
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Rassistisch und stolz drauf: »Proud Boys« versammeln sich vor dem Tennessee State Capitol (Nashville, 21.8.2023)

Vor drei Jahren stürmten Hunderte bewaffnete »Patrioten« den Sitz des US-Kongresses im Kapitol in Washington, D. C., Sie wollten »ihren« 2020 abgewählten Präsidenten Donald Trump verteidigen und die offizielle Bestätigung der Wahlergebnisse verhindern, nach denen Joseph Biden als nächster US-Präsident vereidigt werden sollte.

Zum Sturm auf das Kapitol aufgerufen hatten unter anderem die »Proud Boys« – eine ultrarechte Miliz, die ihre eigene Ideologie »westlichen Chauvinismus« nennt. Ihr erklärtes Ziel ist die Verhinderung eines angeblichen Ruins der USA durch Liberale und Migranten. Der ultranationalistische Schlägertrupp war 2016 von dem kanadischen Mitgründer des inzwischen insolventen Vice Magazine, Gavin McInnes, als »Trinkclub mit politischem Problem« aus der Taufe gehoben worden. Offiziell ist er seit 2018 nicht mehr Teil der Gruppe, hat aber weiterhin Kontakt zu Personen aus deren Umfeld. Nach dem Umsturzversuch am 6. Januar 2021 wurden mehrere Anführer zu Haftstrafen verurteilt, die längste davon bekam mit 22 Jahren der damalige Chefpatriot Enrique Tarrio.

Seitdem gab es zwar immer wieder Auftritte von Mitgliedern, insgesamt wurde es aber ruhiger um die stolzen Paramilitärs. Das scheint sich momentan zu ändern. Die faschistische Gruppe formiert sich neu und gewinnt wieder an Stärke. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest der US-amerikanische Reuters-Journalist Aram Roston in einer umfangreichen Recherche, wie die Nachrichtenagentur am Montag berichtete. Roston hat angesichts der bevorstehenden US-Wahlen im November mit acht Mitgliedern der Truppe, zwei Strafverfolgungsbeamten und vier Experten gesprochen, die die Aktivitäten der Gruppe verfolgen.

Demnach tauchen vermehrt Personengruppen mit Symbolen der »Proud Boys« auf T-Shirts und Plakaten bei Wahlkampfveranstaltungen von Donald Trump auf. Der will im November zu zweiten Mal US-Präsident werden – und könnte damit womöglich als erster rechtskräftig verurteilter US-Amerikaner das höchste Amt der Staaten bekleiden.

Dabei zeigt sich auch ein Strategiewechsel in den Reihen der Gruppierung. Inzwischen agieren Rostons Recherche zufolge mehrere autonome Regionalgruppen in mehr als 40 Bundesstaaten nebeneinander, eine zentrale Führungsriege ist im Gegensatz zu früher hingegen nicht auszumachen – wahrscheinlich eine Konsequenz der Strafverfolgung nach dem Sturm aufs Kapitol.

Zuletzt machte sich der inoffizielle Trump-Fanclub bei der Zerschlagung von palästinasolidarischen Antikriegscamps an US-Universitäten verdient, so zum Beispiel in Bloomington, Indiana. Gemeinsam mit anderen prozionistischen Ultrarechten bildeten sie die Vorhut für die gewaltsame Erstürmung von Protestcamps, an denen viele nichtweiße Personen teilnahmen. McInnes selbst wurde am 24. April bei der Besetzung der New Yorker Columbia University gesichtet.

Nun gibt der historische Schuldspruch gegen Trump vom Donnerstag in New York City den Milizionären weiteren Auftrieb. Der Expräsident von den Republikanern war im Prozess um eine Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin von einer Geschworenen-Jury in allen 34 Punkten für schuldig befunden worden. Anschließend hatte er angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Trump nutzte auch die Gelegenheit, um seine Anhänger aufzustacheln und bezeichnete den »manipulierten« Prozess als »Schande«. Auch vor der Erstürmung des Parlamentsgebäudes in Washington, D. C., hatte sich Trump in Tweets an seine Unterstützer gewandt und indirekt zur Teilnahme an dem Marsch zu dem Gebäude aufgerufen.

Auch die Kommentare zur Entscheidung von Donnerstag scheinen einzelne Sektionen der »Proud Boys« als Signal zu deuten. In Ohio versprach eine Regionalgruppe laut Reuters »Krieg« und veröffentlichte ein Video von Straßenschlachten, das mit der Botschaft »Kämpfen löst alles« endet. In Miami erklärte demnach ein Ortsverband: »Jetzt rekrutieren wir mehr denn je!«

Mitglieder der Gruppe bereiten sich demnach darauf vor, »erneut als physische Kraft für Trump aufzutreten«. Auch die Hoffnung auf eine Begnadigung ihrer Anführer, sollte Trump erneut Präsident werden, dürfte dabei eine Rolle spielen. Das hatte dieser in der Vergangenheit in Aussicht gestellt und erklärt, viele der 1.400 im Zusammenhang mit den Ereignissen am 6. Januar 2021 festgenommenen »Patrioten« und »Geiseln« befreien zu wollen.

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