Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Gegründet 1947 Donnerstag, 27. Juni 2024, Nr. 147
Die junge Welt wird von 2801 GenossInnen herausgegeben
Jetzt zwei Wochen gratis testen. Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Aus: Ausgabe vom 06.06.2024, Seite 7 / Ausland
Pakistan

Urteil gegen Khan aufgehoben

Pakistan: Expremier kann weiteren juristischen Erfolg verbuchen
Von Thomas Berger
AN-POLITICS-KHAN.JPG
Mobilisierbar: Unterstützer des ehemaligen Premierministers Imran Khan (Karachi, 3.6.2024)

Es ging vor allem um ein Thema, als Familienangehörige und Anwälte den pakistanischen Expremier Imran Khan am Dienstag im Adiala-Gefängnis besuchen konnten: den sogenannten Cipher case. Tags zuvor hatte der Islamabad High Court in einem Berufungsverfahren die gegen Khan verhängte zehnjährige Haftstrafe aufgehoben. Ein Spezialgericht hatte den Oppositionsführer am 30. Januar wegen des Verrats von Staatsgeheimnissen für schuldig befunden. Der Vorwurf: Er soll bei einer Veranstaltung im März 2022 den Inhalt eines diplomatischen Geheimpapiers publik gemacht haben. Kurz vor seiner erfolgten Absetzung per Misstrauensvotum hatte Khan angegeben, es gebe eine Intrige – die zu seinem Sturz geführt hat –, unter direkter Beteiligung einer ausländischen Macht. Obwohl er die USA nicht direkt benannte, wusste damals jeder, wer damit gemeint war.

Seine Äußerung bezog sich auf eine Depesche zwischen dem pakistanischen Botschafter in Washington und dem Außenministerium in Islamabad. Was genau in dem Telegramm stand, wissen die beteiligten Gerichte nicht offiziell. Denn das Papier, das sich laut den Vorwürfen später weiter in Imran Khans Besitz befunden haben soll, wurde als zentrales Beweisstück nicht präsentiert, dabei hatte es das US-amerikanische Portal The Intercept bereits im August veröffentlicht. Statt dessen wurde immer nur über den vermeintlichen Bruch von Geheimhaltungsregeln durch den Expremier und seinen damaligen Außenminister, den mit ihm verurteilten Schah Mahmud Kureschi, gesprochen – ein Vorwurf, der den Angeklagten bei einem Schuldspruch schlimmstenfalls sogar die Todesstrafe hätte einbringen können.

Der Islamabader Chefrichter Amir Farooq und sein Kollege Miangul Hassan Aurangzeb sahen jedoch gravierende Mängel in dem vor fünf Monaten beendeten Verfahren. So habe es auf die Frage, was denn eigentlich in der Depesche gestanden habe, keine klare Antwort gegeben. Entsprechend, so die Schlussfolgerung, sei nicht nachweisbar, welche vermeintlichen Staatsgeheimnisse, vor allem bezüglich der Streitkräfte, Khan und Kureschi preisgegeben hätten. Die Berufungsinstanz fand ein weiteres Argument der Staatsanwaltschaft unlogisch: Wenn die Verurteilten angeblich 2022 die Geheimnisse schon publik gemacht haben, sei es widersinnig, die Depesche weiter als Verschlusssache zu betrachten. Anklage und Urteil auf Basis des Official Secrets Act (OSA), des Gesetzes zum Schutz von Staatsgeheimnissen, seien damit in dieser Form nicht haltbar.

Khan sitzt bereits seit August vergangenen Jahres in Haft und wird es wegen weiterer Verfahren und Urteile bleiben. In der Verteidigung gegen die laufende Prozessflut ist die jüngste Entscheidung dennoch der bisher größte Erfolg, handelte es sich doch um das prominenteste Verfahren. In Kraft ist hingegen noch ein anderes Urteil gegen ihn und seine dritte Ehefrau, Bushra Bibi. Ihnen wird Ehebruch und Betrug angelastet, da zwischen der Scheidung seiner Ehefrau von ihrem Expartner und der erneuten Heirat keine drei Menstruationszyklen vergangen seien. Das Paar habe damit die islamischen Heiratsvorschriften gebrochen. Ein Anwalt Khans sagte am Dienstag nach dem Treffen mit seinem Mandanten, er rechne damit, dass dieser bald freikomme – ganz regulär, ohne dass es zweifelhafter Vereinbarungen bedürfe.

Khan, einstiger Kricketstar, hatte die Wahlen 2018 mit seiner Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) gewonnen. Beim jüngsten Urnengang am 7. Februar waren die PTI-Kandidaten gezwungen worden, als Unabhängige anzutreten. Da die PTI als solche nicht auf den Stimmzetteln stand, war ihr auch im Nachgang die Zuteilung von Frauen- und Minderheitensitzen gemäß Stimmenanteil verwehrt worden, die Zusatzmandate wurden unter den anderen Parteien verteilt. Ein Rechtsbruch, wie ein Gericht inzwischen befunden hat. An der Macht ist dennoch Premier Shehbaz Sharif vom mächtigen Sharif-Clan. Er hatte nach der Wahl eine Koalitionsregierung formiert, obwohl seine Partei weniger Stimmen auf sich vereinen konnte als die Kandidaten Khans.

Hinweis: In einer früheren Version des Beitrags hieß es, dass der Inhalt des Telegramms nicht veröffentlicht worden ist. Dies haben wir korrigiert.

2 Wochen kostenlos testen

Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.

Regio:

Mehr aus: Ausland