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Aus: Ausgabe vom 06.06.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Bilaterale Wirtschaftspolitik

Südkorea gipfelt mit Afrika

Geringes Handelsvolumen und Aufstockung der Entwicklungshilfe. Schwerpunkt Rohstofffragen für IT-Branche
Von Martin Weiser, Seoul
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Kein »großer Wurf«: Präsidiales Stelldichein in der südkoreanischen Hauptstadt (Seoul, 5.6.2024)

Südkorea hielt in dieser Woche seinen ersten Afrikagipfel ab. Delegationen von 48 afrikanischen Ländern waren zu Besuch, um zu Themen wie Tourismus und Jugendstartups Kooperationen und Investitionen auszuhandeln. Bereits seit zwei Jahrzehnten organisieren Regierungen Südkoreas eine kontinentale Ministerkonferenz und ein Afrikaforum.

Der nun über die Bühne gegangene Gipfel sollte laut südkoreanischen Medien »ein großer Wurf« werden. Entsprechend betonten einzelne Kommentatoren, dass 44 Memoranden und Vereinbarungen unterzeichnet wurden. Viel scheint das indes angesichts der Anzahl der Delegationen nicht.

Auch das Versprechen des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol, die jährliche Entwicklungshilfe bis 2030 auf zehn Milliarden US-Dollar zu erhöhen, konnte offenbar Vertreter zahlreicher afrikanischer Staaten handelspolitisch kaum begeistern. Letztlich ist Südkorea wirtschaftlich nur eine Garnele unter Walen, wie ein südkoreanisches Sprichwort lautet, und hat dementsprechend wenig anzubieten. Für Afrika und Südkorea macht der gegenseitige Warenhandel jeweils nur zwei Prozent aus und beschränkt sich großteils auf Ölgeschäfte und den Schiffsbau.

Südkoreas Unterstützung in der Landwirtschaft und im Gesundheitswesen auf High-Tech-Niveau wird seitens der Regierung oft als Steckenpferd der südkoreanischen Entwicklungshilfe hochgehalten. Aber viel mehr als ein neuer Dialog über einzelne Rohstoffe wie Mineralien für die IT-Branche dürfte nach dem Gipfel nicht bleiben. Südkoreas Wirtschaft hängt zum Großteil an der Exportwirtschaft des Landes, die neben Elektronik auch von Autos dominiert wird. Der Zugang zu wichtigen Rohstoffen für die Chip- und Batterieproduktion ist deswegen überlebenswichtig, wenn Südkorea in einigen Jahren nicht in eine Rezession schlittern will.

Besonders groß waren die Erwartungen an den Gipfel nicht, ließ bereits Südkoreas Präsident Yoon in seiner Eröffnungsrede durchblicken – und zog Parallelen zwischen dem Kontinent Afrika und dem Südteil der koranischen Halbinsel. Afrika sei jung, dynamisch und reich an Rohstoffen; Südkorea hingegen sei reich an modernster Technologie und Erfahrung. Der präsidiale Schwadroneur Yoon versuchte sogar, sich mit der spezifisch südkoreanischen Erfahrung bei der afrikanischen Delegation anzubiedern. Schließlich habe Korea bitterste Armut erfahren und dann einen neuen Weg zu Wirtschaftswachstum und Wohlstand beschritten. Nicht von ungefähr könne sein Land Afrikas Wunsch nach ökonomischen Konjunktursprüngen und Prosperität verstehen.

Dass Yoon nicht nur ein verqueres Weltbild hat, sondern auch keinerlei diplomatisches oder menschliches Feingefühl, zeigte seine einzige Erwähnung Nordkoreas in der Eröffnungsrede. Yoon wollte anscheinend unterstreichen, wie sehr sich Südkorea für die Sicherheit Afrikas einsetzt, und verwies auf die Beteiligung bei der Pirateriebekämpfung vor Somalia und dem UN-Einsatz in Südsudan. Im selben Atemzug stellte der Präsident fest, dass die Situation der koreanischen Halbinsel bitterernst sei. Seit Mai vergangenen Jahres schieße der Norden Satelliten ins All und teste allerhand Raketen, jetzt provoziere er Südkorea sogar zusätzlich mit Müllballons. Im Konferenzraum saßen wohlgemerkt afrikanische Staatsoberhäupter wie Ruandas Paul Kagame, der einen Genozid überlebt hat. Sollte sich Afrika bei diesem Gipfel nicht ernst genommen fühlen, überrascht das nicht.

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