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Aus: Ausgabe vom 06.06.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Papua-Neuguinea

Ärger um Panguna

Einst größte Kupfermine der Welt: Sammelklage von Anwohnenden. Bergbauriese Rio Tinto im Visier
Von Thomas Berger
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Raubbau noch nicht abgeschlossen: Panguna-Mine

Gegen die Besitzer der stillgelegten Panguna-Mine ist eine Sammelklage eingereicht worden. Betroffene ziehen wegen der jahrzehntelangen Eingriffe in die lokale Landschaft und daraus folgenden starken Umweltschäden vor Gericht. Beklagt werden sowohl die unmittelbar zuständige Bougainville Copper Limited (BCL) als auch deren frühere Konzernmutter, der australische Bergbaugigant Rio Tinto. Damit wird ein Streit vor Gericht gebracht, dessen Ursprung dreieinhalb Jahrzehnte zurückliegt. Die Klage vor dem nationalen Gerichtshof (National Court) von Papua-Neuguinea (PNG) hat auch politische Auswirkungen. Denn das autonome Bougainville – die Insel, auf der die Mine liegt – strebt die Unabhängigkeit an und wäre damit womöglich demnächst der jüngste Staat.

Bougainville und Papua-Neuguinea stehen (abseits einzelner Katastrophenmeldungen wie gerade dem verheerenden Erdrutsch in der Provinz Enga) nur selten im Blickpunkt der internationalen Öffentlichkeit. Ein Gerichtsverfahren, bei dem ein Beklagter einer der beiden größten Bergbauriesen der Welt ist, könnte aber in nächster Zeit für größeres Medieninteresse sorgen und damit auch im Sinne der Betroffenen zusätzlichen Druck erzeugen. Nicht nur den Firmen, sondern auch einflussreichen politischen Kräften vor Ort dürfte genau solche Publicity aber nicht recht sein. Weshalb auch die Option einer zügigen außergerichtlichen Beilegung in Form eines Vergleichs nicht ganz abwegig scheint, so erste Medienberichte.

Die Entdeckung der umfangreichen Erzvorkommen an Kupfer mit ergänzenden Anteilen von Gold und Silber hatte 1969 zur Unternehmensgründung von BCL geführt. Drei Jahre später nahm die Mine ihren Betrieb auf. Seinerzeit galt sie als größter offener Tagebau zur Kupfer- und Goldförderung weltweit. Während Rio Tinto, schon damals ein Riese, die beherrschende Kraft ausmachte, war die Regierung von Papua-Neuguinea mit einem 20-Prozent-Anteil vertreten. Die Einnahmen stellten 45 Prozent der gesamten Exporterlöse sicher und garantierten etwa zwölf Prozent des Bruttosozialproduktes. Nachdem PNG 1975 endgültig als eigenständiges Staatswesen aus der australischen Treuhand entlassen war, bildete Panguna das wirtschaftliche Rückgrat des jungen und anhand sozioökonomischer Indikatoren bitterarmen Landes.

Es waren rassistische Praktiken der Minenbetreiber, die 1988 wesentlich zum Ausbruch jenes Aufstandes führten, der sich zu einem zehnjährigen Unabhängigkeitskrieg der Bougainville Revolutionary Army (BRA) entwickelte. 15.000 bis 20.000 Menschen starben bei den Kämpfen und durch die Folgen einer Seeblockade. Wegen des Konflikts wurde der Erzabbau im Mai 1989 dauerhaft eingestellt, Rio Tinto zog sich 2016 aus BCL zurück und verkaufte seine Anteile. Im Februar 2024 allerdings verkündete die Regionalregierung des heute autonomen Gebietes, die Förderlizenz erneuern zu wollen. Früher erhielt Bougainville nur Peanuts der erzielten Einnahmen – heute knüpfen sich die Hoffnungen daran, dass die künftige Unabhängigkeit der Insel wirtschaftlich ebenso durch Panguna abgesichert werden könnte wie einst die von PNG.

Das Team der Klageeinreicher wird von Martin Mitiori angeführt. Er ist der Bruder von Joseph Kabui, dem ersten Präsidenten Bougainvilles, und gehörte während des Bürgerkrieges als Sekretär der separatistischen Interimsregierung an. Francis Ona, der den Aufstand gestartet hatte, war 1989 von einem Klagewert von zehn Milliarden Dollar ausgegangen. Wie Mitiori gegenüber Radio New Zealand (RNZ) betonte, habe die von ihm angeführte Panguna Mine Action LLC keine genaue Summe im Blick. Es gehe den Menschen aus fünf Dorfgemeinschaften rund um die Mine aber um angemessene Entschädigung für Landverlust, Umweltschäden (vor allem verschmutzte Wasserläufe) und Menschenrechtsverletzungen. Rio Tinto wollte sich auf RNZ-Anfrage nicht genauer äußern, bestätigte lediglich knapp den Fakt der Klageeinreichung, auch gegen die einstige BCL-Konzernmutter. Die Mine ist längst nicht erschöpft. Die australische ABC berichtete 2023 unter Berufung auf Annahmen der Regionalregierung, die Panguna-Mine habe einen Wert von 90 Milliarden Dollar.

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