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Aus: Ausgabe vom 06.06.2024, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Nigeria

So geht Generalstreik

Nigerias Gewerkschaften fordern Erhöhung des Mindestlohns und legen Land lahm. Regierung lenkt ein. Streikmaßnahmen für eine Woche gelockert
Von Georges Hallermayer
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Aufruhr und Mobilisierungskraft der Malocher in Afrikas bevölkerungsreichstem Land (Lagos, 27.2.2024)

Am Montag ging nichts mehr in Nigeria: Wirtschaftliche Kernbereiche wie Ölanlagen, Energieversorgung und Flughäfen waren lahmgelegt, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sowie Ämter in mehreren Bundesstaaten geschlossen.

Beispielsweise hatten die im Erdölsektor aktiven Gewerkschaften Pengassan und NUPENG ihre Mitglieder in den Bezirks-, Zweig- und Ortsgruppen angewiesen, landesweit die Eingänge zu allen vorgelagerten Ölanlagen zu blockieren und auf den Ölplattformen die Arbeit einzustellen. Das wurde nach Medienberichten weitgehend umgesetzt. Nigeria, das wesentlich von der Öl- und Gasproduktion abhängt, hat so allein durch den landesweiten Ausstand am Montag möglicherweise 148,9 Milliarden Naira (ca. 92 Millionen Euro) an Öleinnahmen verloren, wie die nigerianische Zeitung The Punch am Mittwoch berichtete.

Seit Bola Tinubu im letzten Jahr Präsident wurde, ist dies schon der vierte Generalstreik im Lande. Die nigerianischen Gewerkschaftsbünde Nigeria Labour Congress (NLC) und Trade Union Congress (TUC) hatten gefordert, den Mindestlohn auf 615.000 Naira, umgerechnet ca. 377 Euro im Monat, anzuheben. Seit 2019 beträgt er für Arbeiter 30.000 Naira monatlich, während ein Senator mit 37.000.000 Naira mehr als das Tausendfache bekommt. Die Ankündigung der Regierung, ab 1. Januar 2025 den Mindestlohn um zehn Prozent zu erhöhen, klang demgegenüber wie Hohn. Die Preissteigerungen für Benzin und Lebensmittel waren einschneidend, nachdem die staatlichen Subventionen auf Geheiß des Weltwährungsfonds gestrichen wurden. Im April 2024 betrug die jährliche Inflation über 33 Prozent gegenüber 22 Prozent im Vorjahr, so die nigerianische Statistikbehörde NBS.

Am Montag erklärte die Bundesregierung in einem Kommuniqué, mit dem NLC und TUC eine »provisorische Übereinkunft« zu schließen, wohl um den Generalstreik nicht ausufern zu lassen. Sie ging teilweise auf die Forderungen der Gewerkschaften ein und verpflichtete sich, den Mindestlohn mehr als zu verdoppeln und auf monatlich über 60.000 Naira (ca. 36,8 Euro) zu erhöhen. Die Verhandlungen werden nun täglich eine Woche lang fortgesetzt, um, wie Mohammed Idris, der nigerianische Informationsminister sagte, eine »endgültige und dauerhafte, für alle Nigerianer realistische« Vereinbarung zu treffen.

Die Gewerkschaften bestätigten das am Dienstag. Die Regierung habe eingesehen, dass 60.000 Naira zu wenig sind, erklärten NLC und TUC in einer gemeinsamen Erklärung. Der unbefristete Streik wurde für eine Woche »gelockert«. Das erlaube der Regierung sich auf einen »definitiven und akzeptablen Mindestlohn zu verpflichten«. Die Gewerkschaften erwarten darüber hinaus konkrete Schritte, die Stromtarife auf 66 Naira pro Kilowattstunde zurückzuführen und die diskriminierende Klassifikation von Stromkunden zurückzunehmen.

»Wenn die Regierung sich nicht innerhalb einer Woche mit den Beschäftigten einigt, werden die organisierten Arbeiter und Arbeiterinnen den Streik ohne weitere Ankündigung wieder aufnehmen«, sagte NLC-Sekretär Tayo Aboyeji. Die Regierung von Präsident Tinubu beauftragte unterdessen den Finanzminister Wale Edun, die Kosten für die Verhandlungskommission zu berechnen, wie die nigerianische Tageszeitung The Nation am Mittwoch schrieb.

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