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Aus: Ausgabe vom 07.06.2024, Seite 4 / Inland
Repression gegen Palästina-Bewegung

Viel Wirbel um Rauch

Berlin: TU-Präsidentin bleibt. Kampagne läuft ins Leere
Von Annuschka Eckhardt
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Bei Studierenden genießt Geraldine Rauch großen Rückhalt (Berlin, 5.6.2024)

Einmal nicht richtig hingeguckt, falsch geliked und schon ist der Job vakant: Social-Media-Accounts stehen hierzulande in Zeiten der Repression gegen Palästina-Solidarität besonders unter Beobachtung. Geraldine Rauch musste sich am Mittwoch einer Abstimmung des Akademischen Senats der Universität über ihren Verbleib als Präsidentin der Technischen Universität (TU) Berlin stellen, die als »Meinungsbild« deklariert wurde. Sie hatte ein Bild auf X (vormals Twitter) geliked, auf dem eine Demonstration für das Ende des Krieges in Gaza abgebildet ist. Teilnehmende halten ein Schild hoch, auf dem der israelische Premier Benjamin Netanjahu abgebildet ist, darunter rote Farbe und auch ein schwer zu erkennendes Hakenkreuz. Dieses Like wurde ihr zum Verhängnis.

Trotz ihrer öffentlichen Entschuldigung – sie habe nicht genau hingeschaut und das Hakenkreuz nicht gesehen – forderten die Berliner CDU, Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Jüdische Studierendenunion und der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, den Rücktritt.

Laut Mitteilung der Universität von Donnerstag stimmten am Mittwoch von den 25 Mitgliedern des Akademischen Senats 13 gegen den Verbleib von Rauch an der Spitze und 12 dafür. Um eine Entscheidung in der Sache treffen zu können, braucht es allerdings eine Zweidrittelmehrheit. Daraufhin räumte man ihr 24 Stunden ein, um selbst über den Rücktritt zu entscheiden. Am Donnerstag verkündete sie per Mitteilung: »Ich trete nicht zurück. An meinen Fehlern werde ich arbeiten.«

Der Akademische Senat setzt sich aus 13 Hochschullehrenden, vier wissenschaftlichen Mitarbeitern, vier Studierenden und vier Verwaltungsangestellten zusammen. Die Leiterin des Gremiums, Annette Hiller, sagte am Mittwoch: »Der Akademische Senat ist sich einig, dass Frau Rauch definitiv keine Antisemitin ist und verurteilt die mediale Hetze, die sehr, sehr persönlich auf sie gerichtet war, scharf. Er ist aber auch der Auffassung, dass sie unstreitbar einen schwerwiegenden Fehler begangen hat.« Bei der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft hat Rauch ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt und einen Fünfpunkteplan gegen Antisemitismus an der Uni vorgestellt.

Bei den Studierenden scheint Rauch Rückhalt zu genießen. Vor der Sitzung des Gremiums hatten über hundert Studenten für ihren Verbleib demonstriert, unter anderem hielten sie Schilder mit der Aufschrift »Geraldine soll bleiben« in die Höhe.

»Wir verurteilen eine weitere Instrumentalisierung des Antisemitismus, um progressive Persönlichkeiten zu unterminieren, insbesondere wenn sie beginnen, sich gegen den israelischen Völkermord auszusprechen«, sagte eine Aktivistin der studentischen Vereinigung »Student Coalition Berlin« am Mittwoch gegenüber junge Welt. Unkritisch wiederholten Politiker und Mainstreammedien, was von der Jüdischen Studierendenunion oder dem Zentralrat der Juden veröffentlicht werde. »Zwei Organisationen, die eine falsche Repräsentativität der jüdischen Bevölkerung in Deutschland für sich beanspruchen und die sich offen zur Solidarität mit dem Staat Israel bei seinem völkermörderischen Angriff bekennen und daher keineswegs unvoreingenommen sind«, so die Studentin. »Im Fall von Geraldine Rauch sehen wir einmal mehr, wie allein die Verwendung des Wortes ›Völkermord‹ als antisemitisch angesehen wird und eine Unachtsamkeit – für die sich Präsidentin Rauch entschuldigt hat – überbewertet wird, um den Vorwurf des Antisemitismus zu erheben.«

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