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Aus: Ausgabe vom 07.06.2024, Seite 5 / Inland
BAföG

Regieren im Kafka-Modus

Tropfen auf den heißen Stein, aber mit Überraschungseffekt: Ampelkoalition einigt sich auf BAföG-Erhöhung um fünf Prozent
Von Ralf Wurzbacher
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Man hätte sich die Ausschusssitzung sparen könnnen (Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, FDP)

Nun also doch. Nach massiver Kritik hat sich die Ampelkoalition zu einer Erhöhung der Bedarfssätze bei der Bundesausbildungsförderung (BAföG) durchgerungen. Zum kommenden Wintersemester sollen die Regelleistungen um fünf Prozent auf maximal 475 Euro und der Wohnkostenzuschlag um 20 Euro auf 380 Euro angehoben werden. Zudem steigen die Elternfreibeträge um 5,25 Prozent, während auf die zuvor geplante Anhebung der Rückzahlungsraten beim Abtragen der Darlehnsschulden verzichtet wird. Gewerkschaften, Studierenden- und Hochschulverbände begrüßen die Kehrtwende, halten die Maßnahmen aber für unzureichend.

Die Einigung kam überraschend. Am Mittwoch hatte sich der Bildungsausschuss im Rahmen einer Expertenanhörung mit der ursprünglichen Vorlage für ein 29. BAföG-Änderungsgesetz durch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger befasst. Dabei hagelte es Kritik an der darin vorgesehenen Nullrunde und der Weigerung der FDP-Politikerin, vom Parlament bewilligte zusätzliche Mittel in Höhe von 150 Millionen Euro in diesem Jahr auszuschöpfen. Die Ministerin wollte lediglich 62 Millionen Euro nutzen und den Rest auf die Folgejahre verteilen, womit sie auch ihre Koalitionspartner von SPD und Bündnis90/Die Grünen gegen sich aufbrachte. Erst später machte die Kunde von einem Kabinettsbeschluss vom Vormittag die Runde, der in Gestalt einer sogenannten Formulierungshilfe die besagten Änderungen festschreibt. Damit hätte man sich die Ausschusssitzung sparen können, was für Unmut sorgte. Ein Redner CDU/CSU-Fraktion sprach von einer »kafkaesken Situation«.

Die Neuerungen sollen im Paket mit den unstrittigen Punkten des Gesetzentwurfs schon in der kommenden Woche vom Parlament verabschiedet werden, wie die in Bildungsfragen zuständigen Abgeordneten Ria Schröder (FDP), Laura Kraft (Grüne) und Lina Seitzl (SPD) in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten. »Das sind sehr positive Nachrichten, von denen die Studierenden in unserem Land spürbar profitieren werden«, heißt es darin. Diese Einschätzung teilen nicht alle. Es komme zu »minimalen Nachbesserungen«, die nur »ein Tropfen auf den heißen Stein statt einer echten Trendwende sind«, befand am Donnerstag Nicole Gohlke von der Gruppe Die Linke gegenüber junge Welt. »Wir brauchen eine Anpassung der BAföG-Sätze und der Wohnkostenpauschale an die echten Lebensrealitäten der Studierenden.«

Die Zugabe falle »viel zu gering« aus, monierte auch Andreas Keller, Vizechef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Erforderlich sei ein BAföG-Höchstsatz von »mindestens 1.200 Euro«. Der setzt sich aus Grundbedarf, Wohnpauschale und Versicherungszuschlägen zusammen und wird sich bei Umsetzung der Regierungspläne auf bloß 985 Euro belaufen. »Auch diese Nachbesserungen sind insgesamt noch zu schwach, um dem BAföG den großen Schub zu verleihen, den es so dringend benötigt«, äußerte sich Matthias Anbuhl vom Deutschen Studierendenwerk (DSW). »Mit dieser Entscheidung wird den gestiegenen Kosten für Lebensmittel, Strom und Miete keine Rechnung getragen«, beklagte Emma Würffel von den Juso-Hochschulgruppen. »Angemessen wäre eine mindestens dreimal so hohe Aufstockung gewesen.«

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