Stillstand am Umschlagpunkt
Von Burkhard Ilschner![5.jpg](/img/450/195853.jpg)
Die aktuelle Tarifrunde für die Beschäftigten in den deutschen Nordseehäfen hat am vergangenen Freitag einen ersten Höhepunkt erreicht: Die Gewerkschaft Verdi hatte in Hamburg die Belegschaften sowohl der Containerterminals als auch etlicher weiterer Umschlags- und hafenbezogener Dienstleistungsbetriebe zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Der Ausstand betraf Früh- und Spätschicht, er dauerte von 6 Uhr morgens bis um 23 Uhr in der Nacht zum Sonnabend – von den Auswirkungen der Arbeitskampfmaßnahme waren rund 6.000 Beschäftigte betroffen.
In der ersten Verhandlungsrunde am 14. Mai hatte die Unternehmensseite, vertreten durch den Zentralverband Deutscher Seehafenbetriebe (ZDS), nicht einmal ein Angebot vorgelegt, sondern sich lediglich hinter der »schwierigen wirtschaftlichen Lage« verschanzt. Der hohe internationale Wettbewerbsdruck durch die Konkurrenz ausländischer Häfen diente dabei ebenso als Ausrede wie die erheblichen Investitionen, die für Transformation und Anpassung im Rahmen der Energiewende erforderlich seien. Bliebe zu ergänzen, dass gerade letzteres bekanntlich eine politisch gewollte und daher hoch subventionierte Entwicklung ist.
Anfang dieses Monats scheiterte auch die zweite Runde in Wilhelmshaven. Verdi hält das nunmehr präsentierte ZDS-Angebot einer Lohnerhöhung um 2,5 Prozent, mindestens aber 60 Cent, für unzureichend, und fordert drei Euro. Gegenstand des Streits sind auch die Schichtzuschläge, die Gewerkschaft bezeichnet die angebotene Staffelerhöhung als zu gering und will eine Anhebung durchsetzen, die auch ein Nachholen der ausgebliebenen Erhöhung im Jahr 2022 einschließt. Im Kern gehe es Verdi dem Aufruf zufolge insbesondere um Erhöhungen für untere Lohngruppen, die von der jüngsten Inflation besonders schwer getroffen sind.
Dass der Warnstreikaufruf in Hamburg massenhaft befolgt wurde, verwundert aber nicht, denn gerade an der Elbe ist die Stimmung der Beschäftigten vor dem Hintergrund des schwebenden Teilverkaufs des Hafenlogistikkonzerns HHLA an den Schweizer Reedereigiganten MSC mehr als gereizt. Anfang voriger Woche erst hatte Verdi einen offenen Brief an MSC und die Hamburger Bürgerschaft vorgelegt und mit einer – gestern beendeten – Unterschriftenaktion »gegen den Verkauf der HHLA an MSC!« kombiniert. Am Dienstag nachmittag soll eine Kundgebung auf dem Rathausplatz für weiteren Druck sorgen, parallel zur Debatte des Haushaltsausschusses über den »MSC-Deal«.
Der Zwei-Schichten-Streik vom Freitag ließ sowohl an den drei HHLA-Terminals Burchardkai, Altenwerder und Tollerort als auch am Eurokai-Terminal etliche, auch große Containerfrachter unabgefertigt. Den ganzen Tag über ergingen via Verkehrsfunk Aufrufe an Spediteure und Lkw-Fahrer, doch bitte nicht die Häfen anzufahren, Staus und Verzögerungen waren die Folge. Es soll zwar versucht werden, den Ausfall am Wochenende einschließlich zusätzlicher Lkw- und Bahnabfertigung aufzuholen. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Abseits des Containergeschäfts waren auch etliche Umschlags- und Dienstleistungsbereiche in anderen Teilen des Hafens von dem Ausstand betroffen.
Anfang kommender Woche, am 17. und 18. Juni, soll in Hamburg die dritte Verhandlungsrunde zwischen Verdi und ZDS stattfinden. Für Dienstag hat die Gewerkschaft die Hafenbeschäftigten in Bremen zum Warnstreik aufgerufen, am Mittwoch dieser Woche ist dann Bremerhaven »dran«. Beide Aktionstage betreffen aber nur die jeweilige Frühschicht.
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