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Aus: Ausgabe vom 10.06.2024, Seite 15 / Politisches Buch
Forschungen zur Arbeiterbewegung

Mehr Interesse in China

Neues aus und zu den Archiven der Arbeiterbewegung
Von Stefan Bollinger
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Keine Freunde: Michail Gorbatschow und Erich Honecker bei der Parade zum 40. Jahrestag der DDR (Berlin, 7.10.1989)

In der neuen Ausgabe der Mitteilungen des Förderkreises Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung geht es einmal mehr um die Sicherung von Dokumenten in verschiedenen Archiven, so dem Louise-Otto-Peters-Archiv Leipzig (Laura Peter/Kathrin Will), dem Archiv der Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg (Kirsten Schaper) oder dem Archiv der VVN-BdA (Ulrich Schneider). Den Herausgebern ist allerdings klar, dass »Geschichte nicht nur von gestern ist, sondern dass so manches frühere Ereignis plötzlich brandaktuell wirkt, dass Geschichtspolitik eng mit aktuellen Interessen verknüpft sein kann, dass man aus Geschichte lernen muss und dass sie stets auch Mahnung ist«.

Dazu brauchen Historiker wie Öffentlichkeit gesicherte Überlieferungen von dem, was und wie es war. »Gesichert« heißt nicht allein das Verwahren in wissenschaftlich erschlossenen Beständen, sondern »gesichert« heißt auch, dass Geld bereitsteht, um sie wissenschaftlich aufzuarbeiten und zugleich auch dafür Räumlichkeiten bereitzustellen. Ausführlich wird über das Schicksal des Zeitgeschichtlichen Archivs berichtet, das »dank« der Sparpolitik und des politischen Desinteresses an einer einzigartigen Sammlung jüngerer deutsch-deutscher Geschichte vor dem Aus stand. Dieses Aus konnte nicht verhindert werden, aber Harald Wachowitz, der verantwortliche Macher, kann über eine Rettungsaktion berichten, die das Archiv zu einer weit interessierteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit nach China gebracht hat.

Jürgen Schmidt beschreibt das Trierer Karl-Marx-Haus als »historisch-politischen Lernort mit internationaler Strahlkraft«. Thomas Schubert führt in die Forschung zum Frühwerk Rudolf Bahros ein. In der Rubrik »Besondere Zeitdokumente« beschäftigt sich Siegfried Prokop mit der Frage, was der damalige KPdSU-Chef Michail Gorbatschow bei seinem Besuch anlässlich des 40. Jahrestages der DDR am 6. Oktober 1989 in Berlin »wirklich« gesagt hat. Der Gorbatschow zugeschriebene Satz »Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben« entfaltete, so Prokop, »rasch eine enorme politische Dynamik.« Allein: Er ist eine Fälschung, und das ist – zumindest den mit dem Herbst 89 befassten Historikern – auch schon seit längerer Zeit bekannt. Offen ist weiter, wie es zu dieser politische interessierten Fälschung und ihrer politischen Verwertung kam. Prokop stellt das Protokoll der Rede vor, die Gorbatschow am 7. Oktober beim Treffen mit den Mitgliedern des Politbüros der SED im Schloss Niederschönhausen gehalten hat. Dort verwendete er an zwei Stellen ähnliche Formulierungen wie am 6. Oktober vor der Neuen Wache. Ihnen fehlt – wie auch dem tatsächlichen Gorbatschow-Satz vom 6. Oktober – »die Zuspitzung lediglich auf die eine Seite«.

Mitteilungen des Förderkreises Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Nr. 65, 120 Seiten, 3 Euro (zzgl. Versandgebühr), Bezug: d.goldbeck@web.de oder gruenewk@riseup.net

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