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Aus: Ausgabe vom 14.06.2024, Seite 5 / Inland
Hamburger Hafen

Hamburger Hafendeal mit MSC blockiert

Haushaltsausschuss der Bürgerschaft stemmt sich gegen Einstieg der Schweizer Großreederei
Von Burkhard Ilschner
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Protest von Hafenarbeitern am Dienstag vor dem Hamburger Rathaus

Zur Überraschung vieler hat der Haushaltsausschuss der Hamburger Bürgerschaft am Dienstag abend seine Entscheidung über den Einstieg der weltgrößten Reederei MSC beim lokalen Terminalkonzern HHLA vertagt. Eigentlich hätte das Gremium das in der Hansestadt heftig kritisierte Vorhaben kurzerhand absegnen sollen, so wie es bereits zwei andere Ausschüsse mit den Stimmen ihrer SPD-Grünen-Mehrheit getan hatten. Statt dessen beschlossen die Haushälter auf Antrag von Die Linke eine vorgeschaltete öffentliche Anhörung zum HHLA-MSC-Deal: Die soll am 20. Juni stattfinden und wird aller Voraussicht nach dazu führen, dass der Zeitplan der Regierungskoalition – endgültiger Bürgerschaftsbeschluss vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause am 10. Juli – gekippt und sich das Parlament erst im Spätsommer mit dem Thema befassen wird.

Mehrheit hin oder her – eine Minderheit von mindestens 20 Prozent kann laut Bürgerschaftsgeschäftsordnung eine solche Anhörung beantragen, bei der sich jeder zu Wort melden kann, der zum Streitgegenstand Fragen oder eine Meinung hat. Den Antrag begründete Die-Linke-Hafenexperte Norbert Hackbusch laut einem NDR-Bericht unter anderem mit den schlechten Erfahrungen, die Hamburg bereits mit Privatisierungen gemacht habe. Außerdem bekräftigte er noch einmal die Kritik am undurchsichtigen Vorgehen des Senats, zumal der Vertrag mit MSC erst Anfang Juni ein weiteres Mal geändert worden sei.

Auch die Phalanx der Befürworter gerate ins Wanken, erklärte Hackbusch, und verwies auf Parteiaustritte langjähriger SPD-Hafenexperten sowie auf Vorbehalte des sozialdemokratischen Haushaltsausschussvorsitzenden Mathias Petersen. Der hatte tags zuvor gegenüber Bild erklärt, der Deal mit MSC sei schlecht für Hamburg: »Ich will mir von meinen Kindern und Enkeln nicht vorwerfen lassen, dass ich nicht für unseren Hafen gekämpft habe.« Das geplante Geschäft mit der Schweizer Großreederei sei »nie wieder rückgängig zu machen«, Hamburg sei somit in allen Hafenfragen künftig immer von der Zustimmung von MSC abhängig: »Das darf nicht sein.«

Vor der Ausschusssitzung am Dienstag hatten auf dem Rathausmarkt wie angekündigt Hafenbeschäftigte demonstriert und dem Ausschussvorsitzenden Petersen mehr als 1.000 Unterschriften übergeben, die die Gewerkschaft Verdi unter einem offenen Brief gesammelt hatte. Das Schreiben mit deutlicher Kritik am geplanten Zusammenschluss kann auf der von Verdi administrierten Webseite notruf-040.de eingesehen werden.

Unterstützung erfuhr Hackbusch auch von der ebenfalls oppositionellen CDU. Deren Finanzexperte Thilo Kleibauer konstatierte dem NDR zufolge unter anderem, MSC kaufe mit seinen Milliardengewinnen aus der Coronazeit »alles, was nicht bei drei auf den Bäumen« sei.

Nach der Ausschusssitzung hat der Dachverband der kritischen Aktionäre auf der Hauptversammlung der HHLA am Donnerstag gegen den Zusammenschluss mit MSC Stellung bezogen. Verbandsgeschäftsführer Markus Dufner warnte, das künftig große Mitspracherecht von MSC im Hamburger Hafen berge »eine Vielzahl von Risiken sowohl wirtschaftlicher als auch sozialer Art«. Der Förderkreis »Rettet die Elbe«, seit Jahrzehnten in Hamburg aktiver Umweltverband, sieht im geplanten MSC-Deal einen Verstoß gegen die Landesverfassung: Deren Präambel mahne deutlich zur »Deckung des wirtschaftlichen Bedarfs aller« sowie zur Verbindung von politischer und wirtschaftlicher Demokratie – beides stehe im krassen Gegensatz zum Denken und Handeln des Senats.

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