»Wir konnten deutliche Steigerungen vereinbaren«
Interview: Ariane Müller![imago0130246085h.jpg](/img/450/196032.jpg)
Anfang Januar begann die Tarifverhandlung der Beschäftigten der »Gesundheit Nord Dienstleistungen«, GND. Sie ist eine 100prozentige Tochterfirma der »Gesundheit Nord«, kurz Geno, ein kommunaler Klinikkonzern. Der betreibt in Bremen vier Häuser. Was für einen Tarifvertrag haben die Beschäftigten der GND im Vergleich mit den Kollegen der Geno?
Die GND-Beschäftigten haben seit 2012 einen Haustarifvertrag. Der war bisher sehr weit weg vom Tarifvertrag des öffentlichen Diensts, kurz TVÖD, der bei den Beschäftigten der Geno zur Anwendung kommt. Es gab bisher keine eigenen Erfahrungsstufen und das Gehalt orientierte sich eher an den ersten des TVÖD, sogar etwas drunter. Auch fehlen Sonderzahlungen oder sie sind deutlich unterhalb der TVÖD-Werte.
Mit welchen Forderungen ist die Verdi-Tarifkommission in die Tarifrunde gegangen?
Wir hatten bewusst nur die Entgelttabellen gekündigt, weil die Geno immer mal wieder mit dem Gedanken spielt, weitere Bereiche auszugliedern. Dann haben wir eine Maximalforderung aufgestellt, haben dafür als Grundlage die Werte der Stufen 6 des TVÖD für die verschiedenen Eingruppierungsgruppen des TV GND gefordert.
Und was wurde Ihnen geboten?
Nachdem wir in den vorherigen Tarifverhandlungen bereits 17,5 Prozent auf 15 Monate für die Reinigungskräfte erstritten hatten, dazu noch 3.000 Euro Inflationsausgleich, hat sie in diesen Verhandlungen im Durchschnitt etwa zehn Prozent Erhöhung geboten, für 12 Monate. Solche Tariferhöhungen wären in anderen Tarifverhandlungen ein absolutes Traumergebnis. Nicht so für die Beschäftigten der GND. Weil die Gehälter, trotz Haustarifvertrag, so niedrig waren im Vergleich zu den Gehältern der Geno Beschäftigten, mit denen sie ja täglich zusammenarbeiten, kam das für uns nicht in Frage.
Warum waren die Gehälter trotz Tarifvertrag so niedrig?
Weil wir bis 2022 einen schlechten gewerkschaftlichen Organisationsgrad hatten und die bei Verdi organisierten Beschäftigten nicht so kampfbereit waren. Das hat sich 2022 total geändert. Die Kollegen haben angefangen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Wir haben es geschafft, Beschäftigte zu finden, die bereit waren, Verantwortung für ihren Arbeitsbereich zu übernehmen.
Was hat die Beschäftigten dazu bewogen, gegebenenfalls auch zu streiken, um ihre Forderungen durchzusetzen?
Gemeinsam mit einem »harten Kern« von Kollegen haben wir den ersten richtigen Streik bei der GND vorbereitet. Bisher gab es, wenn überhaupt, nur sehr kurze Streiks, zwei bis drei Stunden Warnstreik. Jetzt sollte es ein Ausstand sein, der der Geno richtig weh tut.
Die Tarifrunde wurde für einige Wochen unterbrochen. Warum?
Weil die Geschäftsführung der GND glaubhaft versichert hat, dass sie mehr einfach nicht bieten kann. Jedes weitere Zugeständnis an uns müsse mit verschiedenen Gremien und auch den politisch Verantwortlichen besprochen werden.
Als jetzt im Mai die Tarifverhandlung wieder aufgenommen wurde, gab es relativ schnell eine Einigung. Mit welchem Ergebnis?
Das war ein absolut super Ergebnis. Wir haben deutliche Entgeltsteigerungen vereinbaren können und sind, je nach Entgeltgruppe und Erfahrungsstufe bei circa 90prozentigem TVÖD-Gehalt. Zudem konnten wir die Reinigungskräfte, Sicherheitskollegen und noch weitere Berufsgruppen eine Entgeltgruppe höher ziehen, als im alten Haustarifvertrag vereinbart.
Das Wichtigste: Wir haben jetzt sechs Erfahrungsstufen, wie im TVÖD. Dazu kommt, dass wir für 2025 vereinbart haben, dass die dann verhandelte TVÖD-Erhöhung auch für die Beschäftigten der GND gilt. Ab 2026 wird weiterverhandelt, dann wollen wir die nächsten Schritte zu 100 Prozent TVÖD erstreiten.
Haben jetzt die Beschäftigten der GND diesem vereinbarten Tarifvertrag zugestimmt? Ab wann können die Beschäftigten mit mehr Lohn rechnen?
Ja, sie haben zugestimmt. Es wird rückwirkend zum 1. Januar 2024 gezahlt. Da dieser Tarifabschluss für die Personalabteilung eine echte Herausforderung ist, kann es etwas dauern, bis die Zahlung kommt, wir rechnen mit Ende August.
Jörn Bracker ist der zuständige Verdi-Gewerkschaftssekretär für die Helios-Kliniken Cuxhaven und Mittelweser
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