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Aus: Ausgabe vom 15.06.2024, Seite 4 / Inland
Abschieben nach Afghanistan

Rhein will Deal mit Taliban

Hessens Ministerpräsident verlangt Ende von Abschiebestopp für Afghanistan
Von Marc Bebenroth
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Fordern den Schutz von jesidischen, iranischen und afghanischen Schutzsuchenden in der BRD: Kundgebung gegen rechts in Berlin (17.1.2024)

Mit Boris Rhein instrumentalisiert bereits der zweite CDU-Ministerpräsident innerhalb einer Woche den Tod eines Polizisten nach einem Messerangriff in Mannheim für rhetorische Attacken gegen die Bundesregierung. Der hessische Regierungschef hat sich in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit The Pioneer für die Aufhebung des Abschiebestopps für Afghanistan ausgesprochen. Damit schloss er sich seinem Amts- und Parteikollegen aus NRW, Hendrik Wüst, an. Dieser hatte dasselbe am Donnerstag in Düsseldorf gefordert.

Der 25jährige Täter ist in Afghanistan geboren und war offenbar als unbegleiteter, minderjähriger Schutzsuchender in die BRD gekommen. Wer Rhein zufolge einreist, »weil dieses Land Werte hat, weil dieses Land Frieden hat, weil dieses Land Freiheit hat, weil es ein Rechtsstaat ist« und dann »all das beschädigt, all das gefährdet« durch eine Tat wie die vom 31. Mai auf dem Mannheimer Marktplatz, »der muss dieses Land auch wieder verlassen«. Der CDU-Politiker bekräftigte, dass man »mit denen, die vor Ort das Sagen haben, reden« müsse, damit »sie ihre Leute zurücknehmen«.

Der Elefant im Raum: die Taliban. Nach dem Ende der jahrzehntelangen NATO-Besatzung Afghanistans bilden die von der Kriegsallianz einst aus Kabul vertriebenen Islamisten die De-facto-Regierung des Landes. Aber weder die Ampelkoalition noch die Union will sie als offizielle Exekutivmacht anerkannt wissen. Boris Rhein argumentierte gegenüber The Pioneer, dass die BRD längst »technische Verhandlungen mit den Taliban« führe, »beispielsweise über die Ortskräfte« – afghanische Mitarbeiter der NATO-Besatzungstruppen. Tatsächlich habe die Bundesregierung »punktuell, in Einzelfällen« und in »enger Abstimmung mit unseren Partnern« Kontakt über das afghanische Verbindungsbüro im katarischen Doha, vor allem wenn es um »die Rechte von Frauen und Mädchen« gehe, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am 7. Juni in Berlin erklärt hatte.

An den Taliban soll das Ganze nicht scheitern. »Das Außenministerium des Islamischen Emirats Afghanistan« hoffe, »dass beide Länder die Angelegenheit auf diplomatischem Wege regeln können«, wie es in einer Mitteilung vom 7. Juni heißt. Afghanische Staatsangehörige sollen »nicht unter dem einen oder anderen Vorwand ein unbekanntes Schicksal erleiden oder unter Verstoß gegen alle bestehenden Konventionen an ein Drittland ausgeliefert werden«. Die deutsche Seite werde aufgefordert, »die Angelegenheit im Rahmen der üblichen konsularischen Beziehungen und eines geeigneten Mechanismus auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens zu regeln«. Mit ihrer Stellungnahme würden die Taliban »deutlich« zeigen, dass sie sich Abschiebungen nach Afghanistan »mindestens durch internationale Anerkennung bezahlen lassen wollen«, wie am selben Tag der Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärt hatte. Boris Rhein zufolge müssten »wir dann auch Geld in die Hand nehmen, um das umzusetzen, was wir hier wollen«.

Trotz seiner jüngsten Inszenierung als Oppositionspolitiker fordert Hessens Ministerpräsident, was die Ampelregierung von Kanzler Olaf »im großen Stil abschieben« Scholz (SPD) ohnehin will. Menschen wieder nach Afghanistan abzuschieben sei »kein neues Thema, sondern eines, das wir schon seit einiger Zeit prüfen«, hatte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am 5. Juni in Berlin erklärt. Dabei würden sich »natürlich auch in Drittstaaten letztlich rechtliche, sicherheitsrechtliche, politische und auch logistisch-praktische Fragen stellen«, hatte anschließend ein Sprecher des Außenministeriums ergänzt.

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