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Aus: Ausgabe vom 17.06.2024, Seite 10 / Feuilleton
Reise

Frontstadt Malmö. Nordischer Sommer

Von Bernhard Spring
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Schwedische Lebenswelt: Eishockey am Öresund

Viertelstündlich fährt der Zug von Kopenhagen nach Malmö. Etwa ein Viertel der Strecke – immerhin knapp acht Kilometer – verläuft über den Öresund. Egal, ob mit dem Auto oder dem Zug: Es ist eine sehr moderne und beeindruckende Art, quasi über dem Wasser schwebend in die alte Hafenstadt einzureisen.

Früher liefen hier die Hansekoggen ein, hielten dänische Könige die Schweden von der Küste ab. Davon zeugt noch ein altes Kastell, das mitsamt der Stadt irgendwann nach dem Dreißigjährigen Krieg schließlich doch an Schweden kam. Seitdem war Malmö Frontstadt zu den Dänen. Dann kamen ein paar Friedensschlüsse, die große europäische Versöhnung und schließlich die Öresundbrücke. Nicht nur, weil Kopenhagen auf der anderen Seite liegt, sondern auch wegen Malmö sind beide Länder seit dem Jahr 2000 genau hier miteinander verbunden.

Malmö ist aufgrund seiner Lage am Öresund – dem Nadelöhr aus der Ostsee hinaus in die Weltmeere – ein geschichtsträchtiger Ort und heute zugleich das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum Südschwedens. Dass es die drittgrößte Stadt des Landes ist, fällt kaum auf. Malmö wirkt durch die verbreiteten Mietskasernen sehr kompakt, zugleich scheinen alle Gebäude von recht moderater Höhe, so dass immer eine frische Brise durch die Stadt zieht. Um so skurriler ragt der in sich verdrehte Turning Torso, ein Wohnturm von 190 Metern Höhe, über die ringsum geduckte Stadt.

Man isst Kuchen im Königspark, wo eine Windmühle wie aus dem Bilderbuch auf die Fruchtbarkeit der Region verweist: Die Landschaft Schonen gilt als Kornkammer Schwedens. Urbaner geht es rund um den Platz Lilla Torg zu. Dort gibt es auch allerhand Szeneläden, wobei Vinylplatten von Blur und David Bowie die Frage aufkommen lassen, ob denn wirklich das nächste Pop-Revival bevorsteht oder der ganze Kram etwa nur für die Touristen ausgestellt wird.

Die eigentliche Attraktion von Malmö ist der Öresund. Mehrere Seebrücken führen hinaus aufs Wasser, an einer befindet sich ein eingehegtes Freibad, das im Gegensatz zum dazugehörigen Restaurant nur spärlich genutzt wird. Denn hier draußen geht ein rauher Wind.

Das Wasser ist lange flach und die dänische Küste auch bei mäßigem Wetter gut zu sehen. Dazu die filigrane Öresundbrücke. Ihr Anblick macht nachdenklich: Europa ist zusammengewachsen, ja. Aber wie gefährdet ist dieses Netzwerk? Der Tunnel unter dem Ärmelkanal, die norwegischen Pipelines, die Brücken über den Großen Belt und über den Öresund: Wie wenig ausreichen würde, um den Austausch zwischen so vielen Regionen einzuschränken.

Vielleicht ist deswegen Russland allgegenwärtig. Alles, was die Ostsee betrifft, taucht in den Nachrichten auf. Noch auf den Monitoren in der S-Bahn ist die russische Außenpolitik das große Thema. Auch in Sachen Naher Osten ist Malmö alles andere als fern vom Geschehen. Hier fanden unlängst wieder Koranverbrennungen statt, beim Eurovision Song Contest demonstrierten vor der Halle mehr Menschen gegen die Teilnahme Israels am Wettbewerb als drinnen die Show live erlebten.

Und so ist Malmö heute vielleicht immer noch eine Grenzstadt, nicht so sehr zwischen Dänemark und Schweden, sondern an der Grenze der EU.

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