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Aus: Ausgabe vom 18.06.2024, Seite 2 / Inland
AfD-Bundesparteitag in Essen

»Wollen es ihr so unbequem wie möglich machen«

NRW: Bündnis bereitet Protest gegen AfD-Parteitag in Essen vor. Besondere Mobilisierung im Ruhrgebiet. Ein Gespräch mit Linda Kastrup
Interview: Henning von Stoltzenberg
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Das Maximalziel: Geht es nach den Protestierenden, soll der AfD-Parteitag in Essen gar nicht erst stattfinden (Berlin, 1.6.2024)

Sie titeln »Jetzt erst recht!« in Ihrer Stellungnahme zum Ausgang der EU-Wahl vom 9. Juni und meinen das Wahlergebnis der AfD von fast 16 Prozent der Stimmen. Wie erklären Sie sich das Ausmaß der Zustimmung?

Das Wahlergebnis der AfD ist keine Überraschung. Rechtes Gedankengut wird seit Jahren durch die AfD in der Gesellschaft normalisiert und gefestigt. Die Partei hat als parlamentarischer Arm der Rechten faschistische Parolen salonfähig gemacht. Diese wurden auch von einer breiten Mitte aufgenommen. Die AfD ist nicht ohne Grund zweitstärkste Kraft bei dieser Wahl geworden. Um zu verhindern, dass sie sich mit ihren rechten Parolen weiter ungestört den Platz nehmen kann, sagen wir: Jetzt erst recht! Die demokratischen Parteien in Deutschland haben einiges aufzuarbeiten. So darf rechte Hetze nicht weiter normalisiert werden. Für uns als Zivilgesellschaft bedeutet das um so mehr: Wir müssen uns antifaschistisch organisieren und gemeinsam laut gegen Hass und Hetze und den AfD-Bundesparteitag Ende Juni sein. Als Bündnis werden wir uns gegen ihn stellen.

Auch bei den Kommunalwahlen in Sachsen wurde die AfD stärkste Kraft. Welche Gegenstrategien braucht es auf dieser Ebene?

Der AfD müssen die öffentlichen Räume genommen werden, um ihren teils als extrem rechts eingestuften Mitgliedern die Plattformen für die Verbreitung ihrer Ideologien zu nehmen. Wir müssen gemeinsame Bündnisse schließen und harte Kante gegen rechts zeigen. Unterschiedliche Akteure müssen sich zusammenschließen, um sich auf ihre jeweilige Art und Weise der AfD in den Weg zu stellen und zu demonstrieren.

Wie laufen die Vorbereitungen für den Protest gegen den Parteitag in der Essener Grugahalle vom 29. bis 30. Juni?

Die Gegenproteste zum AfD-Bundesparteitag sind die Existenzbasis für das Bündnis »Gemeinsam laut«. Dementsprechend richtet sich unsere komplette Aufmerksamkeit auf die Organisation dieser Aktionen. Wie üblich ist die Organisation von Großveranstaltungen sehr zeitintensiv. Inzwischen geht es nur noch um die Klärung von Details.

Mittlerweile hat ein Gericht verfügt, dass die Stadt der Partei die Halle zur Verfügung stellen muss. Waren Ihre Vorbereitungen durch die zuvor ausgesprochene Kündigung der Stadt an die AfD ausgebremst worden?

Juristisch betrachtet hatte die Kündigung der Stadt Essen nie gute Chancen, weshalb wir unsere Mobilisierung nie gestoppt hatten. Durch den Entschluss des Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ist nun klar: Der AfD-Bundesparteitag wird stattfinden und unsere Demonstrationen ebenso. Wir wollen es der AfD in Essen so unbequem wie möglich machen und lautstark signalisieren, dass die Partei in Essen, Deutschland und europaweit nicht willkommen ist.

Die bisherigen Großdemon­strationen gegen rechts konnten den Wahltrend zumindest nicht umkehren, die AfD Wählerschaft scheint davon unbeeindruckt zu sein. Wie sehen Sie das?

Großdemonstrationen stehen nicht in der Verantwortung, langfristige politische Probleme zu lösen. Wir wollen auf Versäumnisse in der Politik aufmerksam machen. Damit waren wir in den letzten Monaten sehr erfolgreich. Seit Beginn des Jahres sehen wir, dass die Zustimmungswerte der AfD sinken. Wir wissen aber auch, dass überzeugte Faschisten nicht von Demonstrationen wieder in das demokratische Feld geholt werden. Es braucht Angebote für Lösungsansätze, die nicht auf sexistischen, rassistischen oder faschistischen Annahmen beruhen.

Wie soll es gelingen, Menschen aus der Arbeiterklasse des Ruhrgebiets für die Proteste zu gewinnen, die nicht bereits Teil der Protestbewegung sind?

Wir organisieren eine breite Palette an Aktionsformen: Großdemonstration, Rave-Demo, Markt der Möglichkeiten, Redebeiträge und ein Konzert. Für jede und jeden sollte dort etwas dabei sein. Insbesondere im Ruhrgebiet rufen wir Menschen dazu auf, sich den Protesten gegen die AfD anzuschließen und mobilisieren hier besonders stark. Die Partei sucht eine Plattform für ihre menschenfeindliche Politik in einem Gebiet, das seit über 200 Jahren stark migrantisch geprägt ist. Die Dreistigkeit der AfD ist nicht zu übertreffen.

Linda Kastrup ist Sprecherin von »Gemeinsam laut«

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