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Aus: Ausgabe vom 18.06.2024, Seite 7 / Ausland
Sri Lanka

Zoff um Sri Lankas Präsidentenwahl

Verfassungsrechtliche Lücke könnte Regierungswechsel vertagen, Staatschef zunehmend autoritär
Von Thomas Berger
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Sri Lankas Präsident Ranil Wickremesinghe (Colombo, 4.2.2024)

Eigentlich sollen die Präsidentschaftswahlen in Sri Lanka zwischen dem 17. September und 16. Oktober stattfinden. Dies hatte die Wahlkommission im Mai mitgeteilt. Noch vorige Woche unterstrich der gegenwärtige Staatschef Ranil Wickremesinghe, wie die indische Agentur PTI aus einer Mitteilung seines Medienteams zitierte, wie wichtig der Urnengang doch als Weichenstellung für die Zukunft sei. Jetzt mehren sich allerdings Zweifel, ob die Wahl tatsächlich termingerecht stattfindet: Aus dem engeren Umfeld des Präsidenten kamen Signale, er könnte noch länger im Amt bleiben. Dafür hatte sich insbesondere Palitha Range Bandara, Generalsekretär der konservativen Vereinigten Nationalpartei (UNP) des Präsidenten, ausgesprochen. Klar dagegen positionierte sich Ende Mai Premier Dinesh Gunawardena. Der Politveteran, der seit vier Jahrzehnten der kleinen linken Partei Mahajana Eksath Peramuna (MEP) vorsteht und Wickremesinghe als einstiger Klassenkamerad seit Kindertagen kennt, ist strikt gegen eine Verschiebung: Die Wahl müsse »nach den laut Verfassung festgelegten Fristen« stattfinden. Genau da liegt aber das Problem.

Die srilankische Zeitung The Island umriss in ihrer Sonntagausgabe das Problem: In der Verfassung gibt es widersprüchliche Artikel, was die Amtszeit des Staatschefs betrifft. Diese war mit der 19. Verfassungsergänzung im April 2015 eigentlich auf fünf Jahre verkürzt worden – gleiches gilt für die Legislaturperiode des Parlaments. Es war eine der Reformen für bessere Regierungsführung und mehr demokratische Kontrolle, nachdem damals der gemeinsame Oppositionskandidat Maithripala Sirisena bei den Präsidentschaftswahlen den zehn Jahre lang zunehmend autoritär herrschenden Mahinda Rajapaksa besiegt hatte.

Geändert wurden die Artikel 30 und 62, ausgelassen aber eine gleichzeitige Anpassung von Artikel 83 b, der immer noch grundlegend von sechs Jahren spricht. Eine Änderung dort hätte neben einer Zweidrittelmehrheit im Parlament noch extra per Referendum abgesegnet werden müssen. Nun könnte sich das Versäumnis rächen – und Wickremesinghe, dem von verschiedenen Seiten längst ähnlich autoritäre Tendenzen vorgeworfen werden wie einst Rajapaksa, länger als gedacht am Steuer sitzen.

Zwei Jahre sind die Massenproteste her, die in Colombo zum Macht-, nicht aber Politikwechsel geführt hatten: Am 9. Mai 2022 trat im Zuge der größten Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit Mahinda Rajapaksa als Premier zurück, am 12. Juli floh dessen jüngerer Bruder, der damalige Präsident Gotabaya Rajapaksa, zunächst auf die Malediven und erklärte zwei Tage später von Singapur aus seinen Rücktritt. Zunächst geschäftsführend aufgerückt, wurde Regierungschef Wickremesinghe als neues Staatsoberhaupt für den Rest der Legislaturperiode vereidigt. Die würde, ausgehend von den vorigen Präsidentschaftswahlen im November 2019, nach bisheriger Lesart von da an fünf Jahre dauern.

Der 75jährige Wickremesinghe, seit über 50 Jahren politisch aktiv, will am 20. Juni Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar zum Staatsbesuch empfangen. Tatsächlich hat er es nach der multiplen Krise 2022 geschafft, Sri Lanka zu stabilisieren. Der Internationale Währungsfonds (IWF) gab dieser Tage eine weitere Rate an Beihilfen frei. Allerdings ist der Gesamtschuldenberg, auch gegenüber einheimischen Gläubigern, nun auf über 100 Milliarden US-Dollar geklettert, so der Sri Lanka Guardian am 9. Juni unter Berufung auf Daten des Finanzministeriums.

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