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Aus: Ausgabe vom 18.06.2024, Seite 16 / Sport
Radsport

Aus Mangel an Alternativen

Am Sonntag ging die 87. Tour de Suisse zu Ende. Große Favoriten für die Tour de France waren nicht am Start
Von Holger Römers
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Adam Yates (l.) fährt bei der Tour de Suisse allen davon und wird dennoch die Tour de France nicht gewinnen dürfen

Der Sieg von Adam Yates (UAE Team Emirates) am Sonntag bei der 87. Tour de Suisse der Männer ist wohl bezeichnend dafür, dass unter den Teilnehmern der einwöchigen Radrundfahrt diesmal kein Siegkandidat für die kommende Tour de France war. Denn der 31jährige Brite bewies zwar die nötige Form, um bei der am 29. Juni beginnenden »Grande Boucle« womöglich seine letztjährige Karrierebestleistung als Gesamtdritter wiederholen oder gar verbessern zu können. Allerdings wird er, sofern Tadej Pogačar gesund bleibt, eigene Ambitionen erneut zu dessen Gunsten zurückstellen müssen. Vorerst ist nicht einmal abzusehen, ob Yates innerhalb der eigenen Mannschaft als »Nummer zwei« hinter dem Slowenen gelten dürfte.

Denn abgesehen davon, dass im UAE-Aufgebot für die Frankreich-Rundfahrt schon der Vuelta-Dritte von 2022, der 21jährige Spanier Juan Ayuso, steht, der noch seine in der Dauphiné erlittenen Sturzblessuren auskuriert, könnte wohl auch João Almeida als wichtigster Edelhelfer des zweifachen Tour-Gewinners gelten. Der 25jährige Giro-Dritte von 2023 hätte in der Schweiz wahrscheinlich selbst den Gesamtsieg erringen können, wenn er nicht am Mittwoch, bei der ersten von vier aufeinanderfolgenden Bergankünften, so mannschaftsdienlich gefahren wäre. Jedenfalls blieb der Portugiese stoisch am Hinterrad des Vorjahressiegers Mattias Skjelmose (Lidl-Trek), als Yates am Gotthard die Favoritengruppe sprengte und dem von den ursprünglichen Ausreißern übriggebliebenen – und schließlich mit dem Tageserfolg belohnten – Torstein Træen (Bahrain Victorious) hinterherhetzte.

Am Tag darauf bewies Almeida wiederum am Schlussanstieg nach Carì, dass er so zäh ist, wie wohl niemand sonst im Fahrerfeld. Indem er sechs Kilometer vorm Ziel die Tempoarbeit übernahm und die Spitzengruppe zum Quintett reduzierte, bereitete er dem Kollegen dessen vier Kilometer später folgende Attacke vor. Dann musste er verschnaufen und auch die verbliebenen Konkurrenten ziehen lassen – nur um sie schließlich alle drei, als letzten Egan Bernal (Ineos Grenadiers), wieder zu überholen und mit bloß fünf Sekunden Abstand Etappenzweiter hinter Yates zu werden. Am Freitag wiederholte sich in groben Zügen das Szenario – mit dem Unterschied, dass Almeida noch vorm Ziel zum Kollegen aufschloss und ihn hinter sich ließ.

Auf der vorletzten Etappe schien dem Portugiesen wiederum keine Vorsicht mehr gegenüber der Konkurrenz geboten: Als er sich drei Kilometer vorm Ziel mit einer Tempoverschärfung aus der Favoritengruppe löste, deutete er mit wiederholtem Kopfnicken an, dass Yates ihm einfach folgen möge – egal wen der vielleicht mitziehen würde. Als der Brite nach dem erneuten Zusammenschluss der verkleinerten Gruppe seinerseits angriff, setzte Almeida entsprechend unbekümmert nach, woraufhin das Duo tatsächlich bald ungestört war und auf den letzten Metern die einträchtige Zieldurchfahrt absprechen konnte. Danach gab Yates im Interview zu, dass der Kollege ihm umstandslos den erbetenen zweiten Etappensieg überlassen hatte. Almeida konnte derweil damit rechnen, dass er als stärkerer Zeitfahrer die Schlussetappe in der Spezialdisziplin gewinnen würde.

Mit dem erwarteten zweiten Tageserfolg am Sonntag zementierte er seinen zweiten Gesamtrang, während Skjelmose das Podium abgeschlagen ergänzte. Der Däne wird wie der überraschende Fünfte, der 22jährige US-Amerikaner Matthew Riccitello (Israel-Premier Tech), voraussichtlich nicht bei der Tour starten. Thomas Pidcock (Ineos Grenadiers) dürfte aus seinem sechsten Platz indes kaum den Anspruch ableiten, auch in Frankreich die Top ten anzupeilen – zumal seine Kollegen Carlos Rodríguez und Laurens De Plus bei der ebenso traditionsreichen Generalprobe in der Dauphiné besser abgeschnitten hatten und Bernal nun auf Rang vier landete. Der 27jährige Kolumbianer überwindet langsam die Folgen seines gruseligen Trainingsunfalls vom Januar 2022 – jedoch ohne der Form von 2019 oder 2021 nahe zu sein, als er die Tour beziehungsweise den Giro gewann.

Während UAE Team Emirates in elf Tagen das mit Abstand stärkste Kollektiv aufbieten dürfte, kann man bei dem von groteskem Verletzungspech verfolgten Team Visma-Lease a Bike immerhin erleichtert sein, dass der 33jährige Niederländer Wilco Kelderman am Mittwoch bei einem Sturz unverletzt blieb und das Rennen als Neunter abschloss. Der Tour-Fünfte von 2021 sollte allein schon aus Mangel an Alternativen ins Frankreich-Aufgebot rücken, um Jonas Vingegaard oder – falls der zur Titelverteidigung nicht rechtzeitig fit sein sollte – Matteo Jorgenson zu unterstützen.

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