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Aus: Ausgabe vom 19.06.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
EU-Asylpolitik

»Ich habe mich gefragt, ob wir als Menschen gelten«

Ein Überlebender von Melilla berichtet
Von Carmela Negrete
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Die Opfer des Massakers wurden rasch bestattet, genaue Angaben über Zahl und Herkunft gibt es nicht (Nador, 29.6.2022)

Mahamat Dawud Abd Al-Rassul kommt aus dem Sudan. Er ist Überlebender des 24. Juni 2022, heute arbeitet er als Menschenrechtler und Mitbegründer der Organisation Refugees in Libya. Am Dienstag berichtete er, dass Flüchtlinge und Asylsuchende verschiedener Nationalitäten, insbesondere aus Afrika, viele von ihnen Sudanesen, sich am 24. Juni entschieden hatten, die Grenze zwischen Melilla und Nador zu überqueren, »weil wir uns in einer sehr prekären Lage befanden und zuvor erfolglos in Rabat demonstriert hatten«. Am 24. Juni »verloren manche ihr Leben, und andere sind seitdem verschwunden. Wir hätten hier auch sterben können«. Seine Träume wurden zerstört. »Das Massaker war keine zufällige, sondern eine systematische, organisierte Tat, die von vielen Seiten vorbereitet worden war, angefangen bei den Politikern, die Menschen entmenschlichen.«

Der Aktivist bedankte sich für die Untersuchung. »Viele Beweise wurden von den Behörden verschwiegen«, sagt er weiter, »wir haben Freunde und Verwandte in diesem Massaker verloren, das man so nennen muss, weil man auf den Videos sehr deutlich sehen kann, dass es eines war«. Als er geschlagen wurde, fragte er sich, warum diese Behörden gegenüber schwarzen Menschen so eingestellt sind. »Es ging nicht nur darum, uns zu stoppen oder uns daran zu hindern, die Grenze zu überqueren. Was da passiert ist, war etwas anderes. Als wären wir keine Menschen. Viele Flüchtlinge sind mit solchen Situationen konfrontiert, viele in Libyen, wo es oft ähnliche Situationen gibt.« Zustände wie diese zwingen Menschen geradezu, Grenzen zu durchbrechen, weil sie unerträglich sind, erzählte er weiter. Denn sie denken, dass sie hinter der Grenze eine bessere Situation vorfinden werden.

»Viele von ihnen kommen aus Ländern, die von Krieg und Klimawandel gezeichnet sind. Es gibt Politiker, die daran arbeiten, Menschenrechte zu zerstören, und die uns nicht wie Menschen behandeln. An diesem Tag, diesem schwarzen Freitag, hatte man mir die Hände auf dem Rücken gefesselt, ich lag etwa eineinhalb Stunden auf dem Boden und fragte mich, was hier geschehe, und weinte. Ich weinte, weil ich mich fragte, ob diese Personen, die uns so behandelten, uns noch als Menschen betrachten. Haben diese Leute Sensibilität? fragte ich mich, weil sie Menschen, die vor Schmerzen schreiend gefesselt auf dem Boden lagen, prügelten.«

Dennoch hat er die Hoffnung offenbar nicht aufgegeben: »Ich wusste, dass wir Menschen sind und dass es nur eine kleine Gruppe gibt, die versucht, unser Leben komplizierter zu machen. Ich weiß, dass diese Untersuchung sehr schwer durchzuführen war, und ich möchte mich dafür bedanken.« Es sei nicht einfach, an die Informationen zu kommen, weil es bei diesem Massaker noch niemanden gibt, der verantwortlich gemacht wurde. »Wir haben in den Medien sehr wenig Material darüber gesehen, was passiert ist, und wir fragen uns, wie das alles möglich sein konnte.«

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