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Aus: Ausgabe vom 19.06.2024, Seite 4 / Inland
Mobilisierung gegen AfD

Erschwerte Anreise

Essen: Vorbereitungen für Protestaktionen laufen vor AfD-Parteitag auf Hochtouren
Von David Bieber
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Plakat in Düsseldorf (15.6.2024)

Den AfD-Bundesparteitag am übernächsten Wochenende in Essen für die Partei so unangenehm wie möglich zu machen, ist das Ziel diverser Bündnisse aus etwa Kirchen, dem DGB, demokratischen Parteien, zivilgesellschaftlichen Initiativen und antifaschistischen Gruppen. »Derartige Veranstaltungen brauchen wir in unserer Stadt, in der Messe Essen nicht«, sagt die Essener Linken-Fraktionsvorsitzende Heike Kretschmer auf Anfrage über den Parteitag. Sie glaubt nicht, dass die AfD garantieren wird, dass bei dieser Veranstaltung keine verbotenen Parolen geäußert werden – die Stadt hatte eine solche Zusicherung gefordert und den im vergangenen Jahr geschlossenen Mietvertrag für die Grugahalle kurz vor dem Parteitag gekündigt, war aber vor Gericht unterlegen.

»Für uns steht fest: Die AfD ist eine demokratiefeindliche Partei, der wir uns gemeinsam und mit allem Nachdruck der Zivilgesellschaft entgegenstellen müssen. Wir werden über das ganze Wochenende gemeinsam laut sein. Essen wird sich gegen diese Partei wehren«, erklärte Linda Kastrup von dem Bündnis »Gemeinsam laut« in einer Stellungnahme nach der Entscheidung des Gerichts zugunsten der AfD am Freitag.

Die Linkspartei in Essen bereitet nach dem Gerichtsentscheid die für die Zeit vom 28. bis 30. Juni geplanten Gegenaktionen weiter zusammen mit anderen antifaschistischen Gruppen und Zusammenschlüssen vor. Los geht es mit einer großen Rave-Demonstration am Freitag abend um 19 Uhr unweit des Messegeländes. Am Sonnabend sind ab 6 Uhr Aktionen des Bündnisses »Widersetzen« geplant. Dann sollen die Zugänge zur Messe im Grugapark durch Protestierende weiträumig blockiert werden, um die Anreise der Parteitagsteilnehmer zu erschweren. Das Polizeikonzept soll vorsehen, dass die Proteste südlich, westlich und östlich der Messehalle stattfinden dürfen. Die nördliche Zufahrt von der Autobahn her soll dem Vernehmen nach aber freigehalten werden. Die Polizei rechnet mit zahlreichen Teilnehmern bei den Protestaktionen.

Zu der geplanten Demonstration des Aktionsbündnisses »Gemeinsam laut« am Sonnabend ab 10 Uhr vom Hauptbahnhof aus bis zur Grugahalle sowie für die anschließende gemeinsame Kundgebung, das Solidaritätskonzert sowie den »Markt der Möglichkeiten« von »Allianz für Weltoffenheit«, »Essen stellt sich quer« und dem Zusammenschluss »Aufstehen gegen Rassismus«, auf dessen Ticket ebenso Essens CDU-Oberbürgermeister Kufen mitfährt, werden Zehntausende Menschen erwartet. Am Sonntag findet eine Mahnwache statt, heißt es vom Aktionsbündnis »Gemeinsam laut«.

Der Feier der Wahlergebnisse vom 9. Juni durch die AfD will das Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« etwas entgegensetzen und die Stadt am letzten Juniwochenende zum Ort eines antifaschistischen Festivals machen. »Denn wir haben auch gesehen, dass die AfD gegenüber den Prognosen zu Jahresbeginn aufgrund der Massenproteste nach der Enthüllung ihrer Massendeportationspläne zurückgegangen ist. Das ist uns Ansporn, jetzt erst recht nach Essen zu mobilisieren«, heißt es von dem Bündnis auf Anfrage.

Ziel der weitgefächerten Proteste gegen den AfD-Bundesparteitag ist, dass »mit vielen Aktionen, die für alle Menschen zugänglich sind, die AfD und ihre faschistische Politik gestoppt werden sollen«, teilt das Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« mit. Auch in Essen hat sich die AfD mit ultrarechten Parolen, etwa in der Migrationspolitik, profiliert. Im Oktober 2023 etwa behauptete einer ihrer Ratsherren, dass Essener Stadtteile durch Einwanderung aus arabischen und afrikanischen Ländern in »islamische und afrikanische Siedlungsgebiete« umgewandelt würden. Auch im Ruhrgebiet ist die Partei also dicht dran am rassistischen Konstrukt eines vermeintlichen Bevölkerungsaustausches.

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  • Leserbrief von Hans Wiepert aus Berlin (20. Juni 2024 um 03:36 Uhr)
    So widerwärtig und demokratiefeindlich die AfD ist: Die Demonstranten könnten ruhig auch Station vorm Rathaus machen. Es war nämlich die Stadt Essen, die mit der AfD vor Monaten einen Vertrag über die Nutzung der Grugahalle für den Parteitag abschloss. Als die Stadtväter dann vor einigen Wochen hektisch neue Bedingungen hineinschreiben wollten, folgte die erwartbare Klatsche vor Gericht.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Stephan K. aus Neumarkt i.d.OPf. (19. Juni 2024 um 08:21 Uhr)
    Nicht, dass die AfD nicht eine widerwärtige und demokratiefeindliche Partei wäre. So demokratiefeindlich, wie es bestimmte rechts-konservative Strömungen mit Schnittstellen zu Faschisten und Faschismus sind und immer waren. Nicht anders in der CDU/CSU, wo die u. a. sogar von prominenten Ex-Nazis vertreten wurden, z. B. Strauss, Filbinger, um nur zwei zu nennen, die es bis zu Ministerpräsidenten (mit langen Amtszeiten) gebracht haben. Nun leben wir aber in Zeiten, in denen die bei weitem größere Gefahr von den Friedens- und Demokratiefeinden, den Kriegsbesoffenen der regierenden Parteien sowie der (noch) größten Oppositionspartei ausgeht. Wir leben in Zeiten, in denen progressive Kräfte weder Ampel plus CDU-Opposition als gefährlichste Kriegstreiber seit 1945 stellen können, noch die AfD als unsoziale, neoliberale und letztlich dem Lager der Kriegstreiber zuarbeitende und die Hochrüstung und deutsche Großmachtträume befördernde Kraft. Die Proteste, die die AfD nicht inhaltlich stellen, die keine Alternative für fehlgeleitete, aber teils dem Lager der Aufmüpfigen angehörende Angehörige unserer Klasse bieten, sondern lediglich moralisierende Empörung zum Ausdruck bringen, sind m. E. kontraproduktiv, nutzen der AfD und dem Lager der Kriegstreiber und binden politische Ressourcen, die wir dringend für den Friedenskampf benötigen.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in André M. aus Berlin (19. Juni 2024 um 14:13 Uhr)
      Genauso ist es!
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Michael S. aus Hamburg (18. Juni 2024 um 23:38 Uhr)
    Diese Aktionen sind sicherlich gut gemeint, aber ich finde das mit der Behinderung des AFD-Parteitages durch Linke und verschiedene Antifa-Guppen nicht in Ordnung. Es sei denn, uns droht eine neue Nazi-Diktatur, dann wäre alles erlaubt. Ansonsten, unabhängig davon, ob man mit der AFD sympathisiert oder nicht, sollte man andere behandeln, wie man selbst behandelt werden will. Und nebenbei, solche Aktionen verschaffen der AFD in der »Opferrolle« noch mehr Zulauf.

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