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Aus: Ausgabe vom 19.06.2024, Seite 16 / Sport

Taschenrechner kaputt

Von André Dahlmeyer
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Kai Wagner, Verteidiger von Philadelphia Union

Einen wunderschönen guten Morgen! Am 19. Spieltag der Major League Soccer hat Inter Miami ohne die für die Copa América freigestellten Lionel Messi und Luis Suárez einen wichtigen 2:1 Auswärtssieg im Subaru Park von Chester, Pennsylvania gegen Philadelphia Union erreicht. Nachdem »The U« zunächst nach nur drei Minuten und einer Passvorlage aus der eigenen Hälfte durch den dänischen Linksaußen Mikael Uhre (Ex-Brøndby IF) in Führung ging, gelang dem Team aus Florida (früher hießen die Fort Lauderdale Strikers, es war die Heimstatt von Gerhard »Gösebrecht« Müller, der dort mit Bernd Hölzenbein und George Best zusammenkickte) kurz nach dem Wechsel durch einen Akt purer Rebellion des mittlerweile für die USA auflaufenden Ex-Fürther Juniorenspielers Julian Gressel mit einem Knaller aus dem Sanktionsraum der Ausgleich (vorbereitet über den linken Flügel von Jordi Alba), zwei Mann auf der Linie und der deutsche Tormann Oliver Semmle, der mal für die Reserve des Karlsruher SC auflief, ein Verlorener. Gressel wurde bereits zweimal MLS-Meister, zunächst mit den Five Stripes von Atlanta United, Georgia (2018, der Trainer war derselbe wie jetzt beim Beckham-Team: der Argentinier Gerardo »Tata« Martino), dann vergangene Saison mit Columbus Crew aus Ohio, das mit nun drei Titeln zum dritterfolgreichsten Team der noch jungen Ligageschichte aufstieg – nach den Galaktischen von Los Angeles Galaxy (5) und den Black and Red von D. C. United (4). Überdies war Gressel die letzten beiden Saisons mit den Vancouver Whitecaps auch zweimal kanadischer Meister.

Doch die Garzas (Reiher) vom Tata hatten ihr Pulver noch nicht verschossen, obgleich alles gegen sie sprach, denn erst flog in der 67. Minute der für Honduras kickende und in Inters Akademie ausgebildete Jungspund David Ruíz mit Doppelgelb vom Platz, in Minute 83 gesellte sich dann der noch jüngere (19) argentinische Innenverteidiger Tomás »Toto« Avilés mit der gleichen Kartenkombination dazu, Referee Ismir Pekmic war ganz offensichtlich in Geberlaune. Solche Typen pissen einem auch ins Gesicht, wenn man freundlich darum bittet.

Tomás Avilés stammt aus Río Gallegos an der Magellanstrasse, wo wegen des argentinisch-chilenischen Konfliktes, den erst Papst Johannes Paul II. schlichtete, noch immer lange Küstenstrecken gefährlich vermint sind. Seine Besonderheit: Er kickte 2023 erst die U-20-Südamerikameisterschaft für Chile, anschließend die U-20-WM für Argentinien. In Patagonien haben sie alle zwei Herzen.

Als alles darauf hindeutete, dass das Schonkostresultat unter Dach und Fach sei, startete der gerade eingewechselte 22jährige Brasilianer Leonardo Afonso in Minute 94 an der Mittellinie mit dem Ballgerät, Eins gegen Eins (alle Kicker der »U« waren sonstwo verschollen) und verstaute die Kugel schließlich mit einem flachen Schuss unhaltbar am kurzen Eck vom ollen Semmle. Früher sind die KSCler meist zu den Münchener Bazis gewechselt, der Mann sollte darüber nachdenken. Wer will schon bei Philadelphia kicken? Das ist doch Kokolores. Linksverteidiger Kai Wagner ist da jedoch anderer Meinung. In Deutschland war er mal Drittligaprofi bei den Würzburger Kickers, in Pennsylvania verfügt er mittlerweile über ein jährliches Salär von 875.000 US-Dollar (Grundgehalt), das sind 16.827 Dollar pro Woche (danach ging mein Taschenrechner kaputt). Ich würde drüber nachdenken.

Es läuft die Eurocopa, da flippen die deutschen Fastreporter wieder aus. Ist wie Dschungelcamp beim Bauern umme Ecke. Also der Wagner Kai mit der Grinsefresse hat ja eine Schwester von HSV-Verräter Pierre-Michel Lasogga geheiratet. Ende 2023 wurde er in den USA während der Playoffs durch seine rassistischen Beleidigungen gegen den Ex-Unioner und Ex-HSVer Bobby Wood (New England Revolution) weltberühmt und von der MLS für drei Spiele gesperrt, inklusive »Erziehungsprogramm«. Der Übeltäter akzeptierte die Strafe.

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