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Aus: Ausgabe vom 19.06.2024, Seite 16 / Sport
Fußball-EM

Es war eng

Es war eng
Von Jürgen Roth
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»Kanzler pflegen zum Fußball gern ein enges Verhältnis. Olaf Scholz nicht«, schrieb Nico Fried im Stern und machte bereits in den ersten zwei Zeilen einen Numerusfehler

Seit 1978 hatten meine Eltern den Stern abonniert, wegen des raffinierten Rätsels »Kreuzweise« in der Fernsehbeilage, das mein Vater bis zuletzt passioniert löste.

Vergangenen Donnerstag war die letzte Ausgabe des Plärrmagazins im Briefkasten, dieser Propagandaschleuder, an der sprachlich minderbemittelte Hamburger Schnösel kurbeln.

Meine Mutter riss für mich noch einen Artikel heraus. »Yo«, sagte ich, »ich brauche ja Themen.«

»Kanzler pflegen zum Fußball gern ein enges Verhältnis. Olaf Scholz nicht«, schrieb Nico Fried und machte bereits in den ersten zwei Zeilen einen Numerusfehler.

Der Vergesslichkeitskünstler, erfuhr ich, sei als Schüler in Sport eine Pflaume gewesen, kenne die Abseitsregel lediglich approximativ und gebe mit seinem Regierungsstil kein Vorbild für die Nationalmannschaft ab. Außerdem habe er vorerst keine Zeit, einem EM-Spiel der Deutschen beizuwohnen, der immensen Verpflichtungen wegen. Lob dem Politbetrieb, dachte ich.

Unsere fanatische Gesinnungsplunze und Protokanzlerin N. Faeser fläzte in Katar mit einer erbärmlichen Armbinde auf der Tribüne herum. Acker Schröder ließ sich in Dortmund feist grinsend ablichten. Die gesegnet hypokritische Angela »Freiheit« Merkel (Stern: »Bis heute ist sie mit Jürgen Klinsmann befreundet«, hach) riss 2014 in Rio nach Mario Götzes Fabeltor oberhalb ihres strunzroten Blazers geradezu obszön das Jubelmaul auf, um später zudem den halbnackten Islamisten Özil zu umgarnen. Und Helmut Kohl marschierte nach dem EM-Finale 1996 in London ungefragt in die Kabine, und Mehmet Scholl erzählte hernach: »Es war eng.«

Schaut die alten Fernsehaufnahmen an! WM-Finale 1982 in Madrid: Sandro Pertini, König Carlos, Helmut Schmidt in artiger Haltung nebeneinander. WM-Finale 1974 in München: Schmidt würdevoll mit Walter Scheel und Prinz Bernhard der Niederlande am Spielfeldrand, eine rote Blume in der Brusttasche des grauen Sakkos. Sonst nichts.

1986, Mexiko, war wahrlich die Wende. Kohl, der joviale, schulterpatschende, von sich selbst erleuchtete, aufgebaumte deutsche Übermensch.

Dass ich mal auf der Seite von Zwerg Olaf sein könnte.

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