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Aus: Ausgabe vom 21.06.2024, Seite 6 / Ausland
Vietnam

Putin besucht Hanoi

Vietnam: Russischer Präsident will »zuverlässige Sicherheitsarchitektur« aufbauen
Von Gerhard Feldbauer
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Lange gemeinsame Geschichte: Putin und To Lam in Hanoi am Donnerstag

Nach Pjöngjang hat der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch und Donnerstag die Sozialistische Republik Vietnam besucht. Auch dort wurde ihm ein ehrenvoller Empfang bereitet. Fotos zeigen Einwohner, die ihm umgeben von Matrjoschka-Puppen und Mützen mit der Aufschrift »CCCP«, der kyrillischen Abkürzung für UdSSR, vor einer Leninstatue im Zentrum zujubeln.

Bei einem Treffen mit dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams Nguyen Phu Trong, Präsident To Lam, Premierminister Pham Minh Chinh sowie weiteren Politikern und Wirtschaftsmanagern beriet Putin über den Ausbau der gemeinsamen Zusammenarbeit. In deren Ergebnis schlossen die Vertreter der beiden Länder elf Abkommen in den Bereichen Kultur, Tourismus, Bildung sowie Wissenschaft und Technologie. Vietnam ist führende Industriemacht in Südostasien und Mitglied im regionalen Staatenbund ASEAN.

Besonders aufhorchen ließ Beobachter das Bekenntnis zum Aufbau einer »zuverlässigen Sicherheitsinfrastruktur«. Die russische Nachrichtenagentur TASS zitierte am Donnerstag aus einer gemeinsamen Erklärung: Beide Seiten halten es demnach für notwendig, in der asiatisch-pazifischen Region auf einer gemeinsamen und bündnisfreien Grundlage eine umfassende, offene und transparente Architektur gleicher und unteilbarer Sicherheit und Zusammenarbeit zu schaffen. Weiter plädierte der russische Präsident für eine stärkere Kooperation bei der Erforschung des Weltraums und der Entwicklung moderner Waffen.

Vorherige Verlautbarungen, Vietnam wolle mit russischer Hilfe ein neues Atomkraftwerk bauen, bestätigten sich nicht. Dafür sicherte sich der Premierminister bei einem separaten Treffen mit dem Generaldirektor des russischen Atomunternehmens Rosatom, Alexei Lichatschow, Unterstützung für den Forschungsreaktor Da Lat, das Forschungszentrum für Nukleartechnologie in Dong Nai als auch beim Bau eines Zentrums für Nuklearmedizin zu. Eine Einigung gab es auch bei der Exploration der Gas- und Ölvorkommen vor den Spratley-Inseln. An dieser werden sich künftig zwei russische Energieunternehmen beteiligen. Vietnam kann dies als Stärkung seiner Position gegenüber Beijing werten, denn die Inseln werden neben Vietnam, Brunei, Malaysia und den Philippinen auch von China beansprucht.

Vietnamesische Medien werteten den Besuch als positiven Schritt in der Vertiefung der bereits vor zehn Jahren beschlossenen strategischen Partnerschaft zwischen den beiden Ländern. Doch schrieb die Parteizeitung Nhan Dan, das Zusammentreffen markiere einen Meilenstein in den traditionell besonders freundschaftlichen Beziehungen zwischen Vietnam und Russland. Es habe »die Verteidigungs- und Sicherheitszusammenarbeit zwischen den beiden Ländern auf wirksame und umfassende Weise gestärkt«. Russland bleibe ein wichtiger Partner Vietnams im Bereich der Militärtechnologie.

Die USA hatten schon im Vorfeld der Reise versucht, Druck auf Vietnam auszuüben. Wie der britische Guardian am Donnerstag berichtete, warnte ein Sprecher der US-Botschaft in Hanoi, kein Land solle Putin eine Plattform bieten, »um seinen Angriffskrieg in der Ukraine zu bewerben und seine Greueltaten zu normalisieren«. Hanoi hat bisher alle westlichen Versuche, Russland für den Ukraine-Krieg zu verurteilen, zurückgewiesen, sich bei Resolutionen der UN-Vollversammlung gegen Russland enthalten und zuletzt nicht am »Ukraine-Friedensgipfel« in der Schweiz teilgenommen. Putin dankte Vietnam für seine »ausgewogene Haltung zur Ukraine-Krise«, mit der er mehr als zufrieden sei.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (21. Juni 2024 um 11:41 Uhr)
    Biegsam wie ein Bambus, der nie bricht: Großmächte hofieren Vietnam! Hanoi pflegt gute Beziehungen zu allen Ländern, ohne Partei zu ergreifen. Wie erfolgreich diese Strategie ist und wie begehrt Vietnam ist, zeigen die Staatsbesuche der letzten neun Monate: Im September letzten Jahres besuchte der amerikanische Präsident Joe Biden Hanoi, drei Monate später folgte der chinesische Staatschef Xi Jinping, und nun kam auch Wladimir Putin. Heute gehört Vietnam zu den stärksten Wirtschaftsmächten der Region und ist ein wichtiger Handelspartner für die USA, die EU und China. Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Vietnam ist ein außenpolitischer Erfolg. Er demonstriert gegenüber Amerika und Europa, dass Russland außenpolitisch nicht isoliert ist. Der Kreml-Chef unterzeichnete mit seinem vietnamesischen Amtskollegen To Lam elf Kooperationsabkommen. Unter anderem soll ein Forschungszentrum für Atomwissenschaft und Kerntechnologie in Vietnam entstehen. Die eigentliche Botschaft ist jedoch, dass Putin trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs wieder auf der Weltbühne präsent ist. Vietnam zeigt mit Putins Staatsbesuch außenpolitische Flexibilität und die Fähigkeit, große Mächte für die eigenen Interessen zu nutzen. Durch Diplomatie und strategische Partnerschaften mit Groß- und Regionalmächten will das Land seine Souveränität und Unabhängigkeit sichern – auch angesichts des ambivalenten Verhältnisses zu Beijing. Mit Argusaugen dürften die USA Putins Charmeoffensive in Hanoi auch aus einem anderen Grund beobachten: Der Kreml-Chef hofft, Vietnam in das BRICS-Staatenbündnis zu locken. Hanoi hatte zuletzt klares Interesse an BRICS gezeigt und einen Vertreter zum Außenministertreffen nach Russland geschickt.

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