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Aus: Ausgabe vom 13.07.2024, Seite 4 / Inland
»Hinweise« auf Papperger-Attentat

Geheimes Hörensagen

US-Medium berichtet über angeblich vereiteltes Attentat durch russische Agenten auf Rheinmetall-Chef. Bundesregierung hält sich bedeckt
Von Marc Bebenroth
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Polizeischutz für Kanonenkönig: Beamter vor der Zentrale der Rheinmetall AG in Düsseldorf (12.7.2024)

Hardliner können auf Beweise verzichten. Der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter (CDU) hat auf angeblich vereitelte Anschlagspläne Russlands gegen den Chef des Rüstungskonzerns Rheinmetall mit der Forderung nach mehr Befugnissen und Ressourcen für die Geheimdienste der BRD reagiert. Diese müssten »auf Augenhöhe« mit denen der Nachbarstaaten gebracht werden, sagte Kiesewetter am Freitag im ZDF-»Morgenmagazin«. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), sagte Bild (Freitag), die Antwort der BRD müsse »die Härte des demokratischen Rechtsstaates« sein.

Doch so vage wie die Ad-hoc-Forderungen aus der Eskalationsschublade ist auch das, worauf hier »geantwortet« werden soll: Der US-Nachrichtensender CNN hatte am Donnerstag abend kolportiert, dass Washingtons Geheimdienste Anfang des Jahres Pläne der russischen Regierung aufgedeckt hätten, um den Vorsitzenden der großen Rüstungsschmiede, Armin Papperger, ermorden zu lassen. CNN stützt sich dabei auf »fünf US- und westliche Offizielle«, die mit der Sache vertraut seien. Ihnen zufolge sei jener Attentatsplan nur einer von vielen Mordkomplotten Moskaus gegen europäische Rüstungsindustrielle. Der Sprecher des russischen Präsidentenamtes widerspricht den Behauptungen. »Es fällt uns sehr schwer, die Berichte verschiedener Nachrichtenmedien zu kommentieren, die keine ernsthaften Argumente enthalten und auf anonymen Quellen beruhen«, sagte Dmitri Peskow laut Nachrichtenagentur TASS am Freitag. »All dies« werde im Stil von »Fake Stories« präsentiert. »Man kann solche Berichte nicht ernst nehmen.«

Papperger dagegen hegt offenbar keine Zweifel. »Ich denke, CNN guckt nicht einfach nur in den Himmel«, sagte er der Financial Times (Onlineausgabe vom Freitag). Die Bundesregierung habe ein »enormes Sicherheitsniveau um meine Person« etabliert. »Ich fühle mich immer sicher. Ich bin ein sehr fröhlicher Mann«, sagte er der FT. Das Blatt berichtete weiter, dass ein hoher deutscher Regierungsbeamter bestätigt habe: Berlin wurde über die Attentatspläne gegen Papperger von den USA gewarnt. »Die zunehmende Subversionskampagne Russlands nehmen wir sehr ernst und haben uns in den letzten Monaten intensiv damit beschäftigt«, zitierte FT die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Adirenne Watson, die sich darüber hinaus nicht zum CNN-Bericht einlassen wollte. Bedeckt hielt sich auch Rheinmetall-Sprecher Oliver Hoffmann, den FT mit der Aussage zitierte: »Die erforderlichen Maßnahmen werden stets in regelmäßiger Absprache mit den Sicherheitsbehörden getroffen.«

Deren Dienstherren verzichteten am Freitag ebenfalls auf eine Kommentierung. »Wir äußern uns nicht zu einzelnen Bedrohungssachverhalten«, ließ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag gegenüber dpa mitteilen. Klar sei: Die Regierung nehme »die erheblich gestiegene Bedrohung durch die russische Aggression sehr ernst«. Ein Ministeriumssprecher äußerte sich gleichlautend in Berlin gegenüber Journalisten und erklärte auf Nachfrage, dass die deutschen Behörden »alle Vorgehensweisen« russischer Dienste »im Blick« hätten. Die »Sicherheitsbehörden« seien in den vergangenen zwei Jahren »ganz massiv verstärkt« worden, »das gilt auch gerade für die Nachrichtendienste«, sagte der Sprecher. Er betonte die »ganz erhebliche« Verstärkung der Spionage- und Sabotagebekämpfung.

Beim Stochern im Geheimdienstnebel war auch der Spiegel fündig geworden. Wie das Blatt bereits am Donnerstag abend online berichtete, sollen deutsche Dienste im Mai von einem ausländischen Partner mit »Hinweisen« auf mögliche Attentatspläne gegen Papperger versorgt worden sein. »In den folgenden Wochen« sollen daraufhin »westliche Nachrichtendienste« rund eine Handvoll »verdächtiger Personen« unter Beobachtung genommen haben, inklusive »deren Reisebewegungen«. »Für Festnahmen sei die Hinweislage allerdings nicht ausreichend gewesen.«

Doch was nach Routinearbeit solcher Geheimbehörden klingt, soll die CNN-Geschichte – sowie das Narrativ der »hybriden Bedrohung« durch Russland im NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine – unterfüttern. So habe es sich um Männer aus verschiedenen ehemaligen Sowjetrepubliken gehandelt, »heißt es in europäischen Sicherheitskreisen«. Darunter sei »mindestens ein Russe«. Jene Männer sollen es teils sogar in den Schengen-Raum, genauer: in die Nähe der Rheinmetall-Konzernzentrale in Düsseldorf geschafft haben. Laut »leitenden« deutschen Beamten seien die Männer von Russland angeheuerte Agenten.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinz K. aus München (13. Juli 2024 um 08:32 Uhr)
    Einfach lächerlich, wie unsere sog. Politiker auf diese offensichtliche Propaganda reagieren – aber es geht ja auch darum, durch weitere »Angsterzeugung« vor dem bösen Russen vulgo Putin weitere Repressionen gegen das eigene Volk zum Zweck der eigenen Machterhaltung durchzusetzen! Einen anderen Grund kann ich mir nicht vorstellen, denn dass irgend jemand diese offensichtlich von der CIA erfundene Räuberpistole wirklich glaubt, ist absurd. Stellt man die Frage »Cui bono?«, so ist ganz klar, dass Nutznießer nur die landeseigenen Propagandisten und Kriegstreiber sind, bestimmt aber nicht Russland, das weiteren Anfeindungen ausgesetzt ist. Und außerdem: Sollte es wirklich wahr sein – was versprechen sich die Russen dann vom Tod eines führenden Rüstungsmanagers? Dass Rheinmetall dann sofort aufhört, Waffen zu produzieren und zu verkaufen? Jeder weiß doch, dass in einem Unternehmen der Vorstandsvorsitzende eine jederzeit auswechselbare Marionette der Anteilseigner ist, dessen Verlust und anschließende Ersetzung keinerlei Probleme bereitet. Vorschlag für die CIA bzw. seinen Ableger BND oder Verfassungsbruch … pardon … Verfassungsschutz: Setzt doch mal das Gerücht in die Welt, Pappberger sollte entführt werden von einer neuen RAF mit der Begründung, sein Unternehmen verdiene Milliarden am Leid und Tod von Millionen Menschen – das wäre glaubhafter!
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Andreas E. aus Schönefeld (13. Juli 2024 um 07:03 Uhr)
    Was soll das alles? Was würde eine Ermordung von Papperger bringen? Nichts – aber auch gar nichts. Als Manager des größten deutschen Rüstungskonzerns hat er trotzdem kaum Entscheidungsgewalt. Er setzt die Pläne der Bundesregierung und der NATO um und bekommt dafür eine Menge Geld. Seine Ermordung würde nur dazu führen, das Geschrei über das angeblich russische Terrorsystem weiter anzuheizen. Und innerhalb kürzester Zeit würde ein neuer »Pappkamerad« seinen Platz einnehmen. Die Fakekampagnen der westlichen Medien und der Regierungen werden immer abstruser. Sie sollen doch lediglich den Menschen hier weiter den »bösen Russen« nahe bringen. Anstatt sich auf eine unabhängige und kritische Berichterstattung zu konzentrieren, wird die hanebüchene Medienkampagne immer lauter und dümmer. Die Ampel versucht im Einklang mit ihren Partnern, die Bevölkerung mit ihren Nebelkerzen bei der Stange zu halten. Reinhard Mey singt in seinem Lied »Sei wachsam« : »All das Leimen, das Schleimen ist nicht länger zu ertragen, Wenn du erst lernst zu übersetzen, was sie wirklich sagen: Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm: Halt du sie dumm, -- ich halt’ sie arm!« Eigentlich müsste hier der ganze Liedtext stehen – weil er genau die Situation beschreibt, in der wir uns hier befinden … Und die Warnung aus diesem Lied spüren wir alle, die versuchen, sich gegen diese Art der Berichterstattung zu wehren: »Wenn du die Wahrheit sagst, laß draußen den Motor laufen, Dann sag sie laut und schnell, denn das Sprichwort lehrt: Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd.«
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel T. aus Berlin (12. Juli 2024 um 21:13 Uhr)
    Wenn der FSB eine derartige Pappnase eliminieren wollen würde, wäre diese schon tot. Die brauchen dafür keine Kampfflugzeuge wie etwa westliche Dienste, die wissen allerdings auch, dass es nichts bringt, da solche Charaktermasken schneller ausgetauscht werden als andern Orts der Schleier fällt, insofern ist die Frage eher, wer bezweckt was mit dem Streuen dieser Meldung.

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