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Aus: Ausgabe vom 13.07.2024, Seite 7 / Ausland
Vereinigtes Königreich

Unionisten marodieren

Rassistische Vertreibungen in Nordirland
Von Dieter Reinisch
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Für probritische Unionisten ist der 12. Juli der wichtigste Tag im Jahr. An dem Tag feiern die Protestanten den Sieg über eine katholische Armee in der Schlacht an der Boyne im Jahr 1690. Doch schon bevor in der Nacht auf Freitag in allen unionistischen Stadtvierteln Nordirlands Feuer entzündet wurden, um darin symbolisch politische Gegner zu verbrennen, und am Tag danach der Oranier-Orden durch alle Landesteile marschiert, war die Stimmung aufgeheizt.

Überall gab es immer mehr antirepublikanische und rassistische Schmierereien. Doch dabei blieb es nicht: Seit Jahren werden Menschen mit ausländischem Hintergrund, die in verarmten unionistischen Vierteln leben, zum Ziel von Angriffen aus dem Umfeld der loyalistischen Paramilitärs UDA, UVF und ihrer Splittergruppen. Vor allem Arbeitsmigranten aus Südostasien und Osteuropa haben sie im Visier – ein Grund ist, dass Polen und Filipinos zumeist katholisch sind.

Studiendaten der letzten Jahre zeigen, dass im Schnitt täglich ein bis zwei Familien von Paramilitärs aus ihren Wohnhäusern in unionistisch dominierten Vierteln vertrieben werden. Seit der Wirtschaftskrise 2008 stieg die Zahl der rassistischen Vertreibungen sprunghaft an.

In diesem Jahr war es nicht anders: Am Freitag kursierte ein Video in den Medien, das Jugendliche in Ostbelfast zeigte, als sie am Rande eines von Loyalisten entzündeten Feuers mit Steinen und Brandsätzen auf eine migrantische Familie losgingen. Eine Frau wurde von einem Stein im Gesicht getroffen. Das Haus der Familie in der London Road war seit Sonntag jede Nacht von einem rassistischen Mob attackiert worden. Die Betroffenen hatten dort seit sechs Monaten gelebt. Am Freitag morgen flohen sie aus dem Gebiet, wie der Belfast Telegraph berichtet. Die Gegend in Ostbelfast wird von der UVF kontrolliert.

In der vergangenen Woche wurden acht afrikanischstämmige Familien aus der Kleinstadt Antrim vertrieben, nachdem ihre Häuser mit Sprühfarbe beschmiert und an den Fenstern rassistische Botschaften angebracht worden waren. Die Gewaltopfer sind zum Großteil im öffentlichen Gesundheitssystem NHS beschäftigt.

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