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Aus: Ausgabe vom 13.07.2024, Seite 8 (Beilage) / Wochenendbeilage

Zitronensorbet

Von Maxi Wunder

Dieser Tage beschenken uns die Boulevardnachrichten mit der wertvollen Information, dass Speiseeis keine italienische, sondern eine 5.000 Jahre alte chinesische Erfindung sei. Dabei »klauen« die Chinesen doch unsere Erfindungen und nicht umgekehrt, oder? Ich nenne es lieber Freude am Lernen, und es ist schön, wenn sie auf der Weltkarte hin und her geht. Im Kommunismus gehört sowieso alles allen, erst recht das Vanilleeis.

Von der europäischen Antike weiß man, dass die römische Oberschicht in der heißen Jahreszeit Lust auf orale Abkühlung hatte, aber keine Energie, in die Berge zu rennen zum Gletscherlutschen. Sie ließ sich lieber von Schnelläufern Schnee und Eis aus dem Apennin zur Eisherstellung in ihre Villen bringen. Ein Sklavenjob. Vor diesem Hintergrund bekommt das Wort »Eisschnelläufer« eine völlig neue bzw. völlig alte Bedeutung und man kann sich lebhaft vorstellen, wie viele Unfälle bei den halsbrecherischen Speed-Abstiegen vom Gebirge passiert sind, die schweren Eiskisten auf den Rücken geschnallt, drohende Schmelze im Nacken. Genüsslich verzehrten die reichen Römer das ihnen mit aufgeschlagenen Knien gelieferte Eis, nachdem ihre Köche noch Honig, Ingwer, Zimt und Früchte hinzugefügt hatten. Einige ließen Eiskeller für die Lagerung des Gefrorenen errichten.

Mit dem Römischen Reich ging vorerst auch die Eiskunst unter. Marco Polo brachte dann Ende des 13. Jahrhunderts wieder uralte Eisrezepturen aus Asien mit, die er von einem mongolischen Fürsten bekommen haben soll. So breitete sich das Speiseeis als Luxuslebensmittel von Venedig über ganz Europa aus. Die Tiefe-Keller-Lagerung von Gletschereis blieb ein Privileg der Reichen.

Erst mit der Erfindung künstlicher Kühlverfahren, im Mittelalter mit Salpeter, später im 19. Jahrhundert mit Äthyläther oder Ammoniak, wurde die Eisherstellung theoretisch unabhängig von Jahreszeit und geographischer Lage. 1876 gelang es Carl von Linde schließlich, Kälte durch ein Umwandlungsverfahren von komprimierter Luft zu Wasser etc. zu erzeugen. Der moderne Kühlschrank war geboren. Dies verhalf der industriellen Massenproduktion von Speiseeis weltweit zum Durchbruch. Für die Heimmanufaktur empfehle ich folgendes:

Zitronensorbet

In einem Topf 250 g Wasser mit 250 g Zucker vermengen und bei geringer Hitze köcheln lassen, bis sich der Zucker völlig aufgelöst hat. Vom Herd nehmen und abkühlen lassen. In der Zwischenzeit zwei frische Eiweiße mit einer Prise Salz steif schlagen. Den Saft von vier bis fünf Zitronen mit dem Zuckersirup verrühren und in einen Glasbehälter füllen. Das geschlagene Eiweiß mit dem Schneebesen unter die abgekühlte Flüssigkeit heben. Das Eiweiß und die Zitronen-Zucker-Mischung verbinden sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht richtig, das passiert während des Gefrierens. Die Mischung ins Gefrierfach stellen und in den nächsten zweieinhalb bis drei Stunden alle 30 Minuten mit dem Schneebesen und zum Schluss mit einem Löffel umrühren. So können sich keine Eiskristalle bilden, das Eis wird cremig. Das fertige Sorbet aus dem Gefrierfach nehmen, portionieren und mit frischen Minzblättern garniert servieren.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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