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Aus: Ausgabe vom 17.07.2024, Seite 16 / Sport

Die zweite Luft

In Miami gehen die Lichter aus: Fußballweltmeister Argentinien verteidigt die Copa América
Von André Dahlmeyer
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Hurra, hurra: Argentinien feiert den Gewinn der Copa América (Miami, 14.7.2024)

Der argentinische Nationaltrainer Lionel Scaloni und sein Staff hatten lange überlegt, ob sie weitermachen. Das Erreichte ist nicht zu überbieten, und die Albiceleste hat traditionell das Problem, gleichwertige Gegner für Testländerspiele zu bekommen. Während sich die DFB-Auswahl regelmäßig mit den Stärksten misst, hat der argentinische Fußballverband AFA kein Geld, gekickt wird meist nur gegen Drittklassige und selten mal vor eigenem Publikum.

Scaloni, Samuel, Aimar et cetera, alles »Pékerman Boyz«, also aus der Schule des großen José Pékerman, haben weitergemacht und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Im Endspiel der Copa América besiegten sie Montag morgen in Miami die Auswahl Kolumbiens nach Verlängerung mit 1:0 und verteidigten im letzten Länderspiel von Fußballgott Ángel Di María den 2021 im Maracanã gegen Brasilien gewonnenen Titel. Mit der »Finalissima« und der WM in Katar 2022 ist es das vierte hintereinander gewonnene Endspiel für die Silberländer. So langsam gewöhnt man sich daran, wie Lionel Messi im argentinischen Nationaltrikot Copas in den Nachthimmel reckt, etwas, das Diego Maradona so nicht erlebt hat. Er gewann nie eine Copa América, er wurde auch nie Olympiasieger. Immerhin, eine »Finalissima« (die damals noch Artemio-Franchi-Pokal hieß) gewann er 1993 im Elfmeterschießen gegen Dänemark. Den Siegtreffer für Argentinien, das im gesamten Turnier nur ein Gegentor kassierte, schoss in der zweiten Hälfte der Verlängerung Lautaro Martínez. Der Capocannoniere der Serie A bescherte der Albiceleste den 16. Triumph beim ältesten Kontinentalturnier für Nationalmannschaften, damit ist der Weltmeister wieder Rekordgewinner der Copa América vor Uruguay (15 Titel).

Vor dem Finale kam es erneut zu hässlichen Szenen. Das Spiel begann mit einer Verspätung von rund 75 Minuten, nachdem Tausende (vor allem kolumbianische) Fans die Absperrungen zum Hard Rock Stadium überwunden und sich gratis Eintritt verschafft hatten. In der Folge kam es zu Menschenjagden durch die Polizei, zu Verletzten und Festnahmen. Das Chaos war perfekt und die Inkompetenz der Conmebol, des südamerikanischen Fußballverbands, offenkundig. Tausende (vor allem argentinische) Fans verharrten vor dem Stadion, mit gekauften Tickets in den Händen. Zum Fremdschämen.

Das Match war erwartbar schwer für den Weltmeister, die Cafeteros schnitten alle Passwege der Argentinier ab. Lange Abschläge von Torwart Dibu Martínez waren die hilflose Antwort. Messi hing vorne in der Luft und musste sich arg zurückfallen lassen, um am Spiel zu partizipieren. Doch auch Kolumbien fand offensiv nicht statt. Nach einer Stunde musste Messi verletzt vom Platz – eine Folge eines Zweikampfs aus dem ersten Abschnitt mit Rechtsverteidiger Santiago Arias (EC Bahia) an der Torauslinie. Für ihn kam Nico González von der Fiorentina. Enzo Fernández und Alexis Mac Allister nahmen nun die Zügel in die Hand, die Albiceleste zeigte wieder mehr Präsenz und Charakter, bekam die »zweite Luft«, während bei den Kolumbianern allmählich die Lichter ausgingen.

Für die Verlängerung brachte Lionel Scaloni Lautaro Martínez (Torriecher), Giovani Lo Celso (Kreativität) und Leandro Paredes (Grätsche und Übersicht) für Julián Álvarez, Enzo Fernández und Mac Allister. Das Match war nun komplett offen. Scalonis Wechselhändchen entschied Spiel und Copa: Paredes-Grätsche an der Mittellinie, Doppelpass mit Lautaro, der startet durch, Pass von Paredes auf Lo Celso, Giovani spielt ad hoc weiter in die Gasse (genial), und Lautaro düpiert Goalie Camilo Vargas. So geht Fußball. Eine weltmeisterliche Leistung der Argentinier, die das Turnier deshalb gewannen, weil sie nie an sich zweifelten.

Den dritten Platz holte Uruguay gegen Kanada im Elfmeterschießen. Trainer Marcelo Bielsa wechselte mit Luis Suárez den Matchwinner ein, er ersetzte nach der Pause Liverpools Darwin Núñez. Das »Finalissima«-Finale zwischen Europameister Spanien und Amerikameister Argentinien wird am 1. Juni 2025 ausgetragen.

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