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Aus: Ausgabe vom 19.07.2024, Seite 8 / Ansichten

Nullnummer des Tages: Bierhauptstadt München

Von Maximilian Schäffer
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Überhaupt ist das Arbeiten und Fressehalten doch viel gesünder ohne Promilleausgleich

Im Schikanierungsparadies Bayern, Heimat des Rauchverbots, stellen sich eifrige Gastronomen gerne auf die Seite der Neinsager: »Gegans vord Tür!« Lebhaft bleibt die Coronazeit in Erinnerung, wo man Impfunwilligen ein herzhaftes »Du ned!« staatlich animiert entgegenblöken durfte. Selbst mitgebrachte Brotzeit im Biergarten? »Des könnens im Park macha!« In München, nicht nur Hauptstadt des Freistaats, auch Hauptstadt des Bieres, eröffnet nun ein Biergarten namens »Die Null«. Dort soll kein Alkohol ausgeschenkt werden, um – wortwörtlich – »Verwahrlosungstendenzen« entgegenzuwirken. Schwangere, Säuglinge, Wahhabiten, Mormonen und ÖDP-Wähler dürften gleich noch mehr frohlocken als wie der Aloisius auf seiner Wolke. »’Lujah, sag i, zefix!«

Dass diese Kosumentengruppen tendenziell nur sparsam bechern, lässt sich einfach ausgleichen. So ein alkoholfreies Getränk, ein Softdrink wie etwa Cola und Spezi, muss sich nicht am Bierspiegel messen. Keine teuren Zapfanlagen inklusive Reinigungsaufwand sind notwendig. Gewinn ist aufgrund von Verschleierungstaktiken wie asozialen Portionsgrößen à la 0,2 Liter viel einfacher zu maximieren. Die Fußball-EM der Herren enttäuschte, ließ die Umsätze der Gastronomie weitgehend unberührt. Zu früh erstickte das Ausscheiden des Nationalteams bereits im Viertelfinale saufwilligen Patriotismus im Keim. Das schreit nach Rache am Kunden! Und überhaupt ist das Arbeiten und Fressehalten doch viel gesünder ohne Promilleausgleich.

Die züchtige Einrichtung soll bis zum 15. September am Karl-Stützel-Platz aufgebaut sein, weil genau dort, rund um den Hauptbahnhof und den Botanischen Garten, sich das gottverlassene Gesindel zuviel Dosenbier ins Gesicht schüttet. München ist ’ne reiche Stadt, die nur schöne Seiten hat: Penthouses und Stuckatur, nicht Doppelbock und Obstler pur.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (19. Juli 2024 um 12:47 Uhr)
    Welcher Massenterrorist aus »aller Herren Länder« wird schon bis nach München reisen, um sich dort ein alkoholfreies Bier-Imitat reinzuquälen? Das wäre ja genauso sinn- und lustvoll wie ein Bordellbesuch ohne Sex. Auf eine solch depperte Idee können wahrscheinlich auch nur Masochisten kommen. Wahrscheinlich mal wieder so a Saupreiß!
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (19. Juli 2024 um 11:59 Uhr)
    München, die reiche Stadt der Penthäuser und Stuckaturschmuck, zeigt nun auch ihre asketische Seite. Kein Doppelbock und Obstler mehr, sondern Cola und Spezi in homöopathischen Dosen. Das Highlight des Stammesherzogtums der Bajuwaren, die das Bier schon als Muttermilch kennen, ist ein Biergarten namens »Die Null«, mitten im Epizentrum des bayerischen Bierkults, wo – haltet euch fest – kein Tropfen Alkohol ausgeschenkt wird. Nein, meine Damen und Herren, dieser Biergarten soll den Verfall unserer Sitten durch exzessiven Bierkonsum verhindern. Ein Paradies für Schwangere, Säuglinge, Wahhabiten, Mormonen und die gesamte ÖDP-Wählerschaft. Ein Hoch auf den Aloisius, der von seiner Wolke aus sicher anerkennend nickt und ein herzhaftes »’Lujah, sag i, zefix!« hinterherschickt.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Susanne R. aus Stuttgart (19. Juli 2024 um 11:45 Uhr)
    Das ist der überflüssigste Artikel, der je in der jungen Welt gestanden hat. Ich denke, wenn der Autor sich besaufen will, findet er genug Lokale, wo das problemlos möglich ist.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (18. Juli 2024 um 20:33 Uhr)
    Mehr als 0,2 Liter Cola oder Spezi pro Tag verträgt kein Mensch. Sonst: Karies und Prävalente Adipositas: »Die Prävalenz von Adipositas ist wesentlich geringer bei Personen mit hohem sozioökonomischem Status. Die Prävalenz von Adipositas hat in den letzten zwei Dekaden weiterhin zugenommen, besonders bei Männern und im jungen Erwachsenenalter. « (https://adipositas-gesellschaft.de/ueber-adipositas/praevalenz/) Was sagt uns das über die sozioökonomische Entwicklung der letzten zwei Dekaden? Der sozioökonomische Status hat sich im Durchschnitt verringert, der Bierkonsum aber auch. Vom Ergebnis her gibt es voraussichtlich keinen Unterschied zwischen Cola und Bier hinsichtlich der Verwahrlosungstendenzen. Bierflecken sind allerdings nicht so klebrig wie Colaflecken.

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