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Bizarres Schauspiel

Von Mumia Abu-Jamal
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Was geht in unseren Köpfen vor, wenn etwas ganz Ungewöhnliches passiert, beispielsweise ein Attentatsversuch? Ich kann diese Frage auch nicht umfassend beantworten, aber ich denke dabei unwillkürlich an einen Film wie »Machete« mit Danny Trejo. Darin stellt der muskulöse mexikanisch-US-amerikanische Schauspieler einen Mann dar, der beauftragt wird, einen Politiker zu erschießen, der offen gegen Einwanderer auftritt. Als er in Stellung geht, wird er selbst von Schüssen getroffen und als Sündenbock präsentiert. Im Film entkommt er, um später Rache an den Verschwörern zu nehmen. Aber die ganze Geschichte ist ja nur ein Film, oder?

Angesichts der jüngst auf den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump abgegebenen Schüsse gibt es genug Gründe, sich zu wundern. Das bizarre Schauspiel mit den Aussagen von Augenzeugen, die Polizisten und Geheimdienstmitarbeiter auf einen bewaffneten Mann aufmerksam machten, der in einiger Entfernung gegenüber der Bühne mit Trumps Rednerpult auf ein Dach geklettert war, wirft zumindest die Frage auf: Wie kann so etwas möglich sein? Denn letztendlich war dies kein Spielfilm.

Aber es handelt sich um eine weitere Episode der hinlänglich bekannten Trump-Show. Und die ist noch lange nicht zu Ende. Die jüngsten Ereignisse haben der Wahlkampagne von Donald Trump mehr Auftrieb gegeben. Sie bekam einen neuen Schub wie von Raketentreibstoff. Und das ist wahrlich keine Verschwörungstheorie. Es ist eine Tatsache.

Im Werk »Götzen-Dämmerung« des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche heißt es an einer Stelle: »Was mich nicht umbringt, macht mich nur stärker.« Die Trump-Kam­pagne nahm jedenfalls seit dem Attentatsversuch einen neuen Anlauf.

Kurz vor dieser Kolumne verfasste Abu-Jamal den kurzen Text »Bidens Neuauflage«:

»Seit den letzten US-Präsidentschaftswahlen sind etwa vier Jahre vergangen, und wir befinden uns in einer von den Medien angeheizten Kontroverse, die ans Lächerliche grenzt. Ich meine damit das Drama, das Joe Biden in letzter Zeit aufgeführt hat.

Schon vor vier Jahren schrieb ich, dass Biden im Grunde wie am Fließband Fettnäpfchen produziert. Wer ihm damals länger als fünf Minuten zuhörte, wusste das instinktiv. Jetzt zelebrieren die Medien das Offensichtliche der Krise von Bidens Kandidatur als etwas Neues – in etwa so, als würde man die ›Neuigkeit‹ verkünden, Weihnachten fände in diesem Jahr im Dezember statt.

Dabei ist bekannt, dass Biden als Kind gestottert hat und sehr hart darum kämpfen musste, es zu überwinden, aber in Zeiten von Stress oder Nervosität stottert und stolpert er weiter und verwechselt Namen und Wörter. Das wäre eigentlich gar nicht so schlimm, weil es bei ihm kein kognitives, sondern ein neurologisches Problem ist. Das heißt, in stressigen Situationen verliert er einfach die Nerven. Seine Probleme sind weniger dramatisch im Vergleich zu denen seiner politischen Gegner, die sich im permanenten Konflikt mit der Wahrheit befinden. Aber es geht heute um Belange, die größer sind als die beiden Präsidentschaftskandidaten und ihre Parteien. So groß wie der Klimawandel, der Stürme, Überschwemmungen und Erwärmung der Meere mit sich bringt und dessen Winde jetzt in jeder Saison die Feuersbrünste im Westen anheizen. Und das sind erst die Vorboten von dem, was noch kommt.«

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