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Aus: Ausgabe vom 22.07.2024, Seite 8 / Ansichten

Grubengräberin des Tages: Irina Farion

Von Reinhard Lauterbach
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Irina Farion (30.9.2014)

Im westukrainischen Lwiw ist am Freitag die ultrarechte Politikerin Irina Farion auf offener Straße niedergeschossen worden und wenig später ihren Verletzungen erlegen. Der Täter, der offenkundig mit Waffen umgehen konnte, schoss ihr nach Zeugenaussagen aus geringer Entfernung in die Schläfe und floh.

Farion war die lautstärkste Hasserin der russischen Sprache in der Ukraine. Bekannt wurde die Hochschullehrerin, als sie 2010 bei einem Auftritt in einer Kita Kinder, die sich mit russischen Kurznamen wie Mascha oder Mischa vorstellten, aufforderte, »dorthin zu gehen, wo die Maschas und Mischas leben«. Noch 2023 rühmte sie sich ihres Enkels, der »mit seiner kleinen Faust« russischsprachigen Kindern Ukrainisch beibringe. Dazwischen lagen öffentliche Ausfälle gegen Flüchtlinge aus der Ostukraine, die auf der Straße Russisch redeten, Taxifahrer oder Verkäuferinnen, die russische Musik laufen ließen oder ihr das Wechselgeld auf russisch vorzählten. Das ging ihr alles durch, solange die an den Pranger Gestellten sich nicht wehren konnten.

Dann aber vergriff sich Farion im Adressaten ihrer Hasspublizistik. Im November 2023 sprach sie den ukrainischen Soldaten, die Russisch sprechen, das Recht ab, sich als Ukrainer zu bezeichnen. Daraufhin schrieb ihr ein Offizier des »Asow«-Regiments, das sich in hohem Umfang aus russischsprachigen Faschisten zusammensetzt, einen wütenden Post voller sexistischer Beschimpfungen. Nicht auszuschließen, dass jetzt einer von diesen Soldaten Farion zeigen wollte, was ein Ukrainer ist.

Natürlich beschuldigte Kiew wieder einmal Russland, hinter dem Mord zu stecken, weil der Vorfall die Ukrainer spalte. Die Wahrheit ist genau umgekehrt: Der von Farion propagierte Ethnonationalismus (»Wer nicht mithüpft, ist Russe«) spaltet die ukrainische Gesellschaft. Die Maidan-Ideologie wird zum Hindernis dessen, was sie erreichen will.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich Kral aus Potsdam (22. Juli 2024 um 08:07 Uhr)
    Es ist dieser Typ Mensch, auf dem die Macht der Hypernationalisten in Kiew beruht. Voller Hass, unbegründeter Vorurteile, beseelt und durchsetzt von faschistischer Ideologie und dem Glauben an ein Alleinstellungsmerkmal der eigenen Ethnie. Hier konnte die westliche Einflussnahme auf die ukrainische Bevölkerung vor, während und nach dem Maidan-Putsch ansetzen.

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